claim von gute-banken

Bleibt alles anders: Ein Rückblick auf das Jahr 2015.

Ehe wir den Kalender für 2015 zuklappen, wollen wir noch einmal innehalten. Was war das eigentlich für ein Jahr? Eines kann man wohl feststellen: Es war ja ein Jahr, in dem sich etwas verändert hat. Wir wagen einen sehr subjektiven Rückblick…

Januar 2015:

FocusMoney veröffentlicht einen Artikel „Keine Bank hat mehr Kunden als die Sparkasse“. Darin ist die Rede vom zentralen Aufgabenbereich der Sparkassen: Die Sicherstellung eines „flächendeckenden Kreditangebots für alle Kundengruppen“ und „die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in ihrer Region durch die Vergabe von Darlehen für mittelständische Unternehmen“.

Damit, so wird scharf erkannt, würden sich die Sparkassen in ihrer Geschäftsphilosophie schon wesentlich „von privaten – vor allem börsennotierten Bankkonzernen“ unterscheiden: Private Banken müssten eine möglichst hohe Rendite erzielen für ihre Anteilseigner erzielen, denen sie verpflichtet seien. Die Erträge der Sparkassen dagegen kämen der Allgemeinheit der jeweiligen Region zu Gute. Das Leitmotiv der Sparkasse war deshalb „lange Zeit“ nicht der Profit, sondern „die Erzielung von Geldern für gemeinnützige Zwecke“.  Man wundert sich, solche Töne von FocusMoney zu hören…

Februar 2015:

Das Deutsche Aktieninstitut veröffentlicht seine Studie zum Anlageverhalten der Deutschen. Ergebnis:

Die Aktienkultur in Deutschland habe in 2014 „einen erneuten Rückschlag“ erlitten – rund 500.000 Menschen trennten sich von Aktien oder Anteilen an Aktienfonds. Trotz steigender Kurse an den Börsen, so das DAI sei die Zahl der Aktienanleger das zweite Jahr in Folge gesunken. Lediglich rund 8,4 Millionen Anleger oder 13,1 Prozent der Bevölkerung seien am Aktienmarkt engagiert. Dies ist das Kernergebnis der jüngsten Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts zur Zahl der Aktienbesitzer. Die Zahl der Aktionäre sei im Jahr 2014 gar „um rund 400.000 auf jetzt 4,1 Millionen  (bzw. 6,4 Prozent der Bevölkerung)“  dabei „überproportional stark bei den jüngeren Anlegern“ gesunken.

März 2015:

Nachdem der DAX kurzfrstig auf übr 12000 Punkte gestiegen ist, titelt das Handelsblatt „Wir brauchen eine Korrektur“ .  In einer exklusive Analyse werden „die beiden wahrscheinlichen Dax-Entwicklungen für die kommenden Tage“ aufgezeigt – die bei genauerer Betrachtung eigentlich drei sind : Entweder der DAX geht weiter rauf, oder er geht runter. Oder er entwickelt sich seitwärts. Um es einfacher zu sagen: Man weiß es nicht so genau… Sehr effizient, dieser Markt. Alle Informationen sind immer eingepreist.

April 2015:

Es geht durch alle Gazetten: Die Deutsche Bank will sich wieder von der Postbank trennen. Da geben auch wir gerne mit unserem Artikel „Die Deutsche Bank trennt sich von der Postbank. Dazu ist ja schon (fast) alles gesagt.“  unseren Senf dazu…

Mai 2015:

Der neue BaFin Präsident Felix Hufeld hält seine Rede zur Jahrespressekonferenz der BaFin am 12.5.15:

Es sei ja „in Ordnung“, wenn man kapitalmarktbasierte Finanzierungsformen stärken würde – und dann kommt’s: „auch Verbriefungen, wenn wir die schmerzhaften Lektionen der Finanzkrise dabei nicht vergessen. Grundsätzlich wüsste ich allerdings nicht, warum wir uns in Deutschland einreden lassen sollten, eine kapitalmarktorientierte Finanzierung sei einer bankbasierten Finanzierung strukturell überlegen, zumal für eine so stark mittelständisch geprägte Wirtschaft wie die unsrige.“

Eine weitere nette Fundsache in der SZ: In dem Artikel „Schuld und Schulden“ (15.5.15) wird unter anderem auch der ehemalige Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann  zitiert. Während einer Tagung mit dem Titel „Ihr aber glaubet“ Mitte Juni im Kölnischen Kunstverein gab es neben einem Workshop zum Thema "Was glaubt die Wirtschaft?" auch ein Gespräch zwischen Josef Ackermann und seinem Professor Hans Christoph Binswanger. Bei diesem öffentlichen Gespräch im Kölnischen Kunstverein soll Ackermann gesagt haben:

"Irgendwie stimmt die ganze theoretische Untermauerung nicht mehr, an die wir geglaubt haben."

 Leider konnten wir keine Mitschrift dieses Gesprächs finden.…

Juni 2015:

Ein interessantes Projekt bei der SZ: Im Rahmen ihres neuen Rercherche-Formats wird die Süddeutsche Zeitung zum Thema "Höher, schneller, weiter: Macht uns der Kapitalismus kaputt?"  zu von den Lesern vorgegebenen Teilthemen recherchieren und schreiben. Offenbar sehen die Leser der Süddeutschen Zeitung die Märkte mit kritischem Auge…

Juli 2015:

Der neue Co-Chef der Deutschen Bank beginnt, Flagge zu zeigen. Der Brief, den John Cryan zu seinem Antritt am 1. Juli an die Mitarbeiter der Bank schickte und direkt auf der Website der Bank öffentlich machte, ist lang. Alles in allem liest sich das wie ein unternehmerisches Programm, das Kosten und Aufwände reduzieren und Erträge steigern will. Damit mehr dabei heraus springt – auch für die Aktionäre, denen die Deutsche Bank ja dient. Das geht in Ordnung, weil es eine übliche Vorgehensweise ist. Auch wenn oder gerade weil die eigenen Aktionäre in dem Schreiben kein einziges Mal vorkommen. Und dann kommt eben dieser Satz, bei dem wir doch ein wenig lächeln mussten:

Die Deutsche Bank bleibe natürlich „ergebnisorientiert“. Allerdings „setzen wir die Anreize so, dass der Aspekt, „wie“ etwas erreicht wird, wichtiger ist als „wie viel“ erreicht wird.“

Das mussten wir dann schon auch mal entsprechend in einem Artikel würdigen.

August 2015:

Die „G30 - Consultative Group on international Economic and Monetary Affairs Inc.“ – eine Gruppe aus zahlreichen „Altstars“ der Finanz- und Regulierungswelt“ – veröffentlicht die Studie „Banking Conduct and Culture: A Call for Sustained and Comprehensive Reform“ – auf deutsch so viel wie Verhalten und Kultur der Banken – ein Aufruf zu einer nachhaltigen und umfassenden Reform“.  Das lesenswerte 84 Seiten starke Papier hat sicher einige interessante Aspekte. Die Studie erhebt keinen moralischer Zeigefinger, sondern gibt Hinweise darauf, dass und warum Banken und Märkte, die sich aus ihrer Teilhabe an der Gesellschaft verabschieden, auf die Dauer schlicht kein Geld mehr werden verdienen können. Die Notwendigkeit des „Kulturwandels“ wird in diesem Sinne schlicht als Schlüssel zu künftigen Umsätzen und Wettbewerbsfähigkeit gesehen:

„Banking is, in 2015, at a low point in terms of customer trust, reputation, and economic returns, and steps must be taken to reverse this. (…) Addressing culture and repairing trust go hand in hand and are a prerequisite for sustainable economic returns and—in the medium term—a source of competitive advantage. (…). A bank needs a minimum level of trust and reputation in order to generate economic returns...

Besonders bemerkenswert in dieser Studie sind aus unserer Sicht noch zwei weitere Sätze:

„Just because it is legal does not mean it is right.“

Dieser Satz gefällt uns natürlich besonders deshalb, weil wir ihn auch schon verschiedentlich verwendet haben, um die Misere zu umschreiben - und auszumalen.

Und dann eben dieser Satz,:

„Banks’ purposes should include supporting their customers, their customers’ businesses, and the economies of the communities in which they operate.“

Auf deutsch heisst das soviel wie: Die Bank sollte ihre Kunden, die Unternehmen ihrer Kunden und eben auch die Gemeinden / Regionen unterstützen, in denen sie arbeiten. Hey! …

September 2015:

Im Handelsblatt: „Vom Nutzen der Banken“ 2.9.15) wird Deutsche Bank-Noch-Co-Chef Jürgen Fitschen einen kritischen Blick auf… ja worauf eigentlich?… Der Artikel, den Jürgen Fitschen geschrieben hat ist lang. Ein Rundumschlag – oder Befreiungsschlag – in dem er erklärt, warum Banken „in einer freien Marktwirtschaft, die als Garant unserer Stabilität und Freiheit gilt“, generell wichtig sind. Dann räumt er erstmal auf:

Eine Bank sei nicht „bereits dann erfolgreich, wenn ihre Finanzkennzahlen stimmen“ würden. Transparenz, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit hätten heute einen noch höheren Wert als in der Vergangenheit. Aber natürlich müssten Banken auch Geld verdienen. Und dann kommt dieser Satz:

„Darum ist es auch kein Widerspruch, dass Banken eine dienende Funktion haben und gleichzeitig profitabel sein können, ja müssen.“

Der Deutsche Bank-Chef spricht von der dienenden Funktion der Banken! Das wir das noch erleben durften. Allerdings schreibt Fitschen nicht, wem genau eine Bank dienen sollte – und tatsächlich dient…

Oktober 2015:

Im Oktober staunen wir nicht schlecht. Ein Artikel in der FAZ („Folgen des Niedrigzins: Der langsame Abschied von der kleinen Bank“, 1.10.15)  beschäftigt sich mit den Folgen von Niedrigzins und den massiven neuen Aufwänden, die nach der Krise alle Banken für den „Anlegerschutz“ von den Aufsichtsbehörden auferlegt bekamen. Um es einmal kurz zusammenzufassen: Die wegen der Krise niedrigen Zinsen und auch die wahnwitzigen Dokumentationsaufwände führen dazu, dass gerade den kleinen regionalen Häusern auf Sicht die Luft ausgehen könnte. Um diese durch die Krise ausgelösten Aufwände noch wirtschaftlich bewältigen zu können, würden viele, so liest man hier, würden wohl fusionieren müssen.

Und dann kommt’s: In dem Artikel steht, dass eine Zentralisierung des Bankwesens „auch nicht im Interesse des Kunden“ sei. Das ist doch wenigstens mal ein klares Statement. Dennoch fragt man sich, wem dies alles denn am Ende dient. Und man wird manchmal das Gefühl nicht los, dass die Krise hier von den selben Playern für ihre Zwecke genutzt werde, die sie vorher auslösten…

November 2015:

Gleich doppelt bemerkenswert: EU-Kommissionspräsident Juncker spricht sich in einer Rede für Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus. Die im Video (Time Code ab 50:50) festgehaltene und von der Europäischen Kommission veröffentlichte Rede wurde erst drei Wochen später, am 1.11.15 entdeckt – zuerst von der FAZ, die den Teil mit den Sparkassen und Genossenschaftsbanken fand und mit einem kurzen Artikel („Einlagensicherung: Ohne Volksbanken und Sparkassen“, 1.11.15) versah.  In dem Video nimmt Juncker explizit Stellung:

„Die Krise wurde ausgelöst von Menschen, die die Kardinaltugenden der sozialen Marktwirtschaft nicht beachtet haben. Der ewige Wunsch nach Geld, immer mehr Geld, immer kürzerer Profit. Immer nur drei Monate, drei Monate, drei Monate. Das ist ein Wirtschaftssystem und ein Wirtschaftsdenken, das nicht zur sozialen Marktwirtschaft passt. Die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken allerdings, die passen zu unserem Wirtschaftsmodell …“

Dezember 2015:

Das Handelsblatt („Eine Art Teufelskreislauf") führt ein Interview mit dem Fondsmanager und Leiter des europäischen Anleihegeschäfts beim US-Fondshaus Blackrock Michael Krautzberger. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Weil sich der Mythos vom effizienten Markt, der immer schon alles weiß und eingepreist hat, zunehmend zu verheddern scheint und sich so systematisch selbst demontiert: Konkret wird da eine Welt konstruiert wird, in der die EZB die Erwartungen der Märkte –  nennen wir es einmal ihr eingepreistes Wissen – beobachte und seine Entscheidungen bezüglich der Zinsentwicklung entsprechend ausrichte und sie gleichzeitig beeinflussen wolle. Und das gehe in etwa so:

Am Markt sei teils schon eine Senkung des Einlagensatzes um 0,15 Prozentpunkte und eine Erhöhung der Anleihekäufe um bis zu 15 Milliarden Euro eingepreist. Das bringe die EZB in ein interessantes Dilemma: Draghi verstehe die Märkte, und die EZB mache „einen sehr guten Job“. Bislang habe er „stets sehr geschickt die Markterwartungen beobachtet und dann auch erfüllt oder sogar übertroffen“.

Und dann kommt’s: „Das führt aber zu einer Art Teufelskreislauf. Die Märkte erwarten immer mehr, und das bringt die EZB unter Druck auch immer mehr zu machen. Diesmal könnte die Zentralbank die Märkte aber enttäuschen.“

Dann folgt die Frage: Wird das für Verwerfungen an den Märkten sorgen? Die Antwort des Experten: „Allenfalls kurzfristig.“

Unser Fazit für 2015:

Um es einmal einfach zu sagen: Das System hat sich erschöpft. Den Playern geht offenbar die Fantasie aus. Und die deutschen Medien scheinen offenbar langsam Schwierigkeiten zu bekommen, dieses Spiel „der Märkte“ in ihren Berichten noch weiter noch weiter wie gehabt zu spielen.

Zu häufig sind die Stimmen geworden, die das allzu finanzmarkt-gläubige System kritisch hinterfragen. Vor diesem Hintergrund wird es sichtbar schwieriger, die Relevanz solcher Nachrichten zu transportieren. Und während dessen verlagert sich die Leserschaft zunehmend in andere Medien. Jeder hat etwas zu sagen.

Das zeigen übrigens auch die Zahlen auf unseren Portalen: Das Jahr 2015 brachte uns einen weiteren Zuwachs.

Ohne Werbung zu machen, zählten wir auf unseren Portalen bundesweit  ca. 13 Millionen Besuche und 33.000 freiwillige Bewertungen, die von anderen BesucherInnen in Summe 1,4 Millionen mal angesehen bzw. gelesen wurden. Und wir freuen uns, mit über 200.000 Weiterleitungen auf die Websites von regionalen Häusern im Nebeneffekt auch einen Beitrag zur Stabilität des Geschäfts geleistet zu haben. 

Was bleibt zum Schluss zu sagen? Vielleicht noch das Eine:

Bleiben Sie gesund! Wir wünschen Ihnen und uns ein gutes und erfüllendes Jahr 2016! 

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