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Der Finanzmarkt, die Banken-Abgabe und die verlorene Übersicht.

Der Finanzmarkt, die Banken-Abgabe und die verlorene Übersicht.

Neun Fragen an Europa-Parlamentarier Peter Simon.

 

Peter Simon ist Mitglied des Europäischen Parlaments und dort im Wirtschaftsausschuss aktiv. Als Namensgeber des sogenannten Simon-Vorschlags setzt er sich für krisenfeste Sparbücher und Girokonten – zur Neuregelung der Einlagensicherungssysteme ein.

Wie nimmt er als Politiker und Verbraucher die gegenwärtige Situation des Finanzmarkts wahr? Wir stellten ihm dazu acht Fragen…

 

Herr Simon, In wenigen Worten: Was war aus Ihrer Sicht die Kernursache der Finanzkrise, wird sie sich wiederholen und welche Möglichkeiten hat das Europa-Parlament konkret, den Finanzmarkt von gefährlichen Spielen abzuhalten?

 

Die Finanzwelt wurde immer komplexer. Sogar professionelle Teilnehmer hatten die Übersicht verloren und wussten nicht, was sie da eigentlich an Finanzprodukten erworben haben. Oder hatten kein Interesse es zu wissen. Andere verkauften Titel, die sie gar nicht besaßen. Das Parlament ist als Mitgesetzgeber in der EU bei der Reform der Finanzmärkte stark eingebunden. Wir versuchen durch entsprechende Regelungen ungewünschtes und unverantwortliches Handeln auf den Finanzmärkten zu unterbinden, um die Wiederholung einer Krise mit denselben Ursachen unwahrscheinlicher zu machen. Dass es aus anderen Gründen auch in der Zukunft zu Krisen der Finanzmärkte kommen kann, kann natürlich niemand ausschließen.

 

Sie sprechen sich sowohl für die Einführung der Finanztransaktionsteuer als auch für eine Entschleunigung des Hochfrequenzhandels aus. Gleich zwei Fragen hierzu: Wenn Finanzmarkttransaktionen besteuert werden, hat der Staat dann nicht ein Interesse daran, dass am Finanzmarkt möglichst viele steuerbare Geschäfte gemacht werden? Wie passt das dann zur Entschleunigung?

 

Durch die höheren Transaktionskosten sollen kurzfristige Geschäfte weniger rentabel gemacht und spekulatives Verhalten somit eingedämmt werden. Der positive Nebeneffekt  sind Steuereinnahmen. Wirkt die Steuer wie vorgesehen, reduziert sich das unerwünschte Treiben an den Finanzmärkten und damit konsequenterweise auch die Steuereinnahmen. Dies ist aber in diesem Zusammenhang gewissermaßen auch so gewollt.

 

Sind Sie selbst Mitglied bei der „ Association pour la taxation des transactions financières et pour l’action citoyenne“ – sprich attac, die sich für dasselbe Ziel einsetzt?

 

Nein.

Sie wollen Kreditversicherungen (CDS) und ungedeckte Leerverkäufe verbieten. Welches sind die Kernargumente – wo doch der Markt frei und die Marktteilnehmer „aufgeklärt“ sind?

 

Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer eben nicht aufgeklärt waren. Die Risiken, die viele Finanzmarktpapiere beinhalten, waren ihnen nicht bewusst.

 

Sparkassen und Volksbanken gelten als Stabilisierungsfaktor in der Finanzkrise und vor allem nicht als Verursacher. Trotzdem müssen sie die Bankenabgabe zahlen, das Einlagesicherungssystem wird sich ändern. Warum?

 

Es stimmt, dass die Sparkassen und Volksbanken in der Finanzkrise nicht ins Straucheln gekommen sind. Es geht bei der Bankenabgabe und der Reform der Einlagensicherungssysteme aber ja auch nicht darum, die Banken zu bestrafen. Jedes Kreditinstitut und jedes System könnte in Schwierigkeiten kommen. Die Reform der Einlagensicherungssysteme soll sicherstellen, dass der Sparer in einer solchen Situation nicht den Kürzeren zieht. Und die Einführung einer Bankenabgabe hat zum Ziel, dass dann nicht der Staat und somit letztendlich der  Steuerzahler wieder einspringen müssen. Die konkrete Umsetzung der Bankenabgabe in Deutschland halte ich aber für unzureichend hierfür. Hier ist die schwarz-gelbe Regierung  zu kurz gesprungen.

 

Die Gewährträgerhaftung für Landesbanken wurde 2005 auf Vorschlag eines Praktikanten in Brüssel abgeschafft. Im Zuge der Finanzkrise wurde sie de facto für Banken in Schieflage wieder eingeführt. Josef Ackermann sagte ja mal, Man solle sich schon drauf einstellen, dass der Steuerzahler der „Aktionär der letzten Instanz“ bleiben werde. Sollte die Trägerhaftung für die Sparkassen und Landesbanken nicht wieder eingeführt werden?

 

Ein Ziel der Reformen ist, dass die Finanzwelt die Kosten ihres teilweise unverantwortlichen Handelns so weit wie irgendwie möglich selber trägt. Der Staat soll ja gerade nicht in die Haftung genommen werden.

Wie stehen Sie zu dem aus der Feuerversicherung stammenden Begriff „Moral Hazard“ – macht Schutz durch den Staat tatsächlich automatisch unverantwortlich?

 

Verhaltensweisen lassen sich nicht pauschalisieren. Es fällt aber grundsätzlich leichter in die Tiefe zu springen, wenn ein sanftes Auffangkissen wartet.

 

Was passiert mit dem Risiko „too big to fail“? Brauchen wir überhaupt noch Großbanken – und wenn ja: Wofür?

 

Unsere Banken stehen ja nicht nur im nationalen und europäischen Wettbewerb, sondern müssen sich auch im internationalen Kontext behaupten können. Eine gewisse Größe kann da schon nötig sein. Dessen ungeachtet müssen wir daran arbeiten, die Rahmen für die Banken so zu setzen, dass "too big too fail" oder aber auch "too connected to fail" so weit wie möglich eingeschränkt werden.

Und zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Wie Sie vielleicht wissen, betreiben wir die Bankenbewertungsplattform www.gute-banken.de - und sprechen uns dort explizit für Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus. Wie finden Sie das?

 

Das Geschäftsmodell der Sparkassen und Genossenschaftsbanken und ihr System der Institutssicherung haben sich bisher und vor allem auch in der Krise bewährt. Daher sehe ich keinen Grund, der gegen eine positive Beurteilung spricht.

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