claim von gute-banken

Derivatenhandel und EMIR

Das ist zwar schon etwas älter, aber trotzdem zum ins Eck brechen: In einem Artikel diskutiert ZEIT-Online („DERIVATE: Das alte Versteckspiel“, 26.3.13) die mit der European Market Infrastructure Regulation (kurz: EMIR) vorgesehene Regulierung des Zertifikatehandels.

Nur noch mal zur Erinnerung: Wie wir vor längerer Zeit schon mal festgestellt hatten, taucht das Wort „Verbot“ in diesem Regulierungsansatz nicht wirklich auf. Es geht lediglich darum, dass Derivate und andere Wetten künftig nicht im Verborgenen zwischen zwei Wettpartnern abgeschlossen werden können, sondern über zentrale Clearingstellen erfasst werden müssen. Weil natürlich auch die brutalstmögliche Aufklärung durch Transparenz schlussendlich keine Sicherheit bietet, bringt EMIR noch eine weitere Regelung mit sich: Wer mit CDS, Zins-Swaps und anderen Derivaten wettet oder seine „Geschäfte absichert“, muss laut EMIR bei der Clearing-Stelle eine entsprechende harte Sicherheit hinterlegen.

Und hier beginnt laut ZEIT-Online ein neues Risiko: Weltweit würden Derivate mit einem Volumen von unglaublichen 640 Billionen Dollar gedealt (bei solchen Summen soll einem mal noch jemand erklären, dass dieses Volumen noch irgendwas mit der gelebten wirtschaftlichen Realität zu tun hat) Um für dieses Wettvolumen absichern zu können, müssten laut ZEIT-Online allein in den USA wahnwitzige 2,6 Billionen Dollar an werthaltigen Sicherheiten gebunden und hinterlegt werden. In der EU lauten die Schätzungen auf etwa 1,2 Billionen Euro (Ja, Billionen – nur für die Hinterlegung von Sicherheiten). Das ergibt eine derartig große Summe, dass so viele harte Sicherheiten und erstklassige Wertpapiere laut dem ZEIT-Artikel „voraussichtlich gar nicht verfügbar“ seien.

Nun könnte man denken: Ist doch prima! Damit wäre der Derivatehandel dann ja wohl vernünftigerweise automatisch vom Volumen her eingeschränkt. Und EMIR würde tatsächlich seinen Zweck erfüllen. Aber jetzt kommt’s wieder:

Die findigen „Märkte“ haben sich da auch schon wieder einen Trick ausgedacht, mit dem man dieses Problem lösen kann. Und natürlich wurde auch gleich wieder ein Wort dafür geschaffen. Das Wort lautet »Collateral Transformation« oder auf deutsch „Wertpapiertransformation“. Und das geht so:

Hat ein Derivate-Dealer nicht genug Luft in der Lunge bzw. Sicherheiten in der Hand, müsste er sich zwar normalerweise mit dem Wetten ein wenig zurückhalten. Aber er kann auch zu einer der bekannten Großbanken gehen und sich dort solche erstklassigen Anleihen ausleihen. Als Sicherheits-Pfand hinterlegt er dann einfach irgednwelche Papiere mit erheblich schlechterer Qualität und zahlt für diesen Deal ordentlich Gebühren und Zinsen. Und hier liegt das bekannte Risiko: So ein Wettkönig wird sich dann denken: „Die Gebühren und Zinsen und auch die Sicherheiten, die ich mir da geborgt habe, kann ich ja locker über meine Erträge aus den Wetten finanzieren.“ Und wenn dann plötzlich die Wetten aus welchem Grund auch immer nicht mehr so laufen, dreht sich die Spirale mal wieder schlagartig und im schlimmsten Fall mit systemrelevanter Wirkung nach unten und droht wieder alles mit sich zu reißen.

Das Problem ist nämlich, dass der Schaden am Ende eben nicht bei den so schlauen Wertpapier-Transformatoren liegt, die sich diese Deals ausgedacht und ermöglicht haben. Sondern eben bei den Staaten, die ihre Großbanken wegen ihrer Systemrelevanz am Ende wieder retten müssen – so wie man das in den letzten Jahren schon ein paar mal gesehen hat oder befürchten durfte: Bei der sogenannten Subprime-Krise, bei der Euro-Krise und bei der aktuellen Goldpreis-Krise. Wetten kann man ja auf alles. Das ist wie gesagt leider immer noch nicht verboten. Sondern halt nur ein wenig transparenter.

Ach ja: Wie ZEIT-Online berichtet, gäbe es an der Wall Street rund „ein halbes Dutzend“ also etwa sechs große Banken die diesen Wertpapiertausch anbieten. Neben der Bank of America, Goldman Sachs und JP Morgan sei Insidern zufolge – rat mal wer – auch unsere kulturgewandelte Deutsche Bank mit im Spiel.

Da wird sogar ZEIT-Online satirisch: „Das Institut“ – so heisst es im Artikel - „mag sich jedoch nicht dazu äußern.“…
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0 # Autor 2013-04-17 11:33
Nur mal so am Rande zum Derivategeschäft und guten Banken: Laut Börsenzeitun g (?DZ Bank treibt Geschäft mit Derivate-Clearing voran?, 19.10.12), habe sich die für die Genossenschafts banken arbeitende DZ-Bank zwar einer Clearing-Stelle angeschlossen, würde dabei laut Börsenzeitun g aber zum Glück wohl nicht sehr viel zu tun bekommen: Nur etwa ein Drittel der Volks- und Genossenschafts banken würden solche Geschäfte überhaupt machen.

Drolligerweise nennt die Börsenzeitun g in einem anderen ziemlich ähnlichen Artikel (?Sparkassen-Dienstleister setzen auf Emir?, 23.6.12) auch Zahlen aus dem Sparkassenlager : Laut Expertenschätzungen aus dem öffentliche n Bankensektor würden von den deutlich über 400 Sparkassen in Deutschland nur 280 Häuser überhaupt außerbörsliche (Over-the-Counter-, OTC-)Derivategeschäfte tätigen. Die anderen machen einfach nur schön langweiliges Geschäft für ihre regionalen Kunden.

Das sind doch mal gute Meldungen?
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