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„So ist es und nicht anders.“ Oder: Wirtschafts-Studenten zweifeln an ihrer Wissenschaft…

Manche Dinge brauchen lange, um zu reifen. Manchmal sogar sehr lange – und sind dann immer noch nicht am Ziel. Das scheint auch für den Glauben einer offenbar steigenden Anzahl von Studenten an die Art der Fall zu sein, in der ihre Wirtschafts-Wissenschaft gelehrt wird. Dieser Glaube scheint langsam aber zunehmend ins Wanken zu geraten…

In ihrer Reihe zum Kapitalismus berichtet auch die SZ („Tschüss, Neoklassik!, 30.6.15) über das Netzwerk „Plurale Ökonomik“ und Studenten, die mehr wollten als nur neoklassische Ansätze. Studierende, die sich darüber ärgern, dass man auf keinen grünen Zweig kommen könnte, wenn man als wissenschaftlich arbeitender Volkswirt nicht „mathematisch“ denke. Alles, so zitiert der Artikel einen Studenten, werde nach dem Motto „So ist das und nicht anders“ gelehrt.

Das Thema ist nicht neu

Kommt uns das nicht bekannt vor? Natürlich: Über etwas Ähnliches hatten wir schon vor drei Jahren berichtet. Schon vor über vier Jahren bretterte im Spiegel („Lernt unsere Sprache, bevor ihr mitredet“, 5.1.11). Wir berichteten darüber: Wer VWL studiere, so wie manche Philosophie studieren – so ließ der Wut-Professor damals wissen – nämlich um die Welt irgendwie allgemein besser verstehen zu können, der werde enttäuscht werden.

Damals schwappte aber auch ein wenig von der „post-autistischen“ Bewegung aus Frankreich herüber.

Post-autistische Ökonomie

Genau genommen datieren Meldungen über diesen intellektuellen Widerstand sogar schon aus dem Jahr 2000. Damals erschien dem Artikel in Le Monde vom 21.6.2000 (?Des étudiants en économie dénoncent le manque de « pluralisme » de l'enseignement dispensé?), der eben auch über protestierende Studenten in Frankreich berichtete, die eine Post-Autistische Ökonomie forderte.

Zitiert wird in dem Artikel von Le Monde der  sogenannte Vater der Ökonometrie Malinvaud, der auf einem Kongress mal die Frage gestellt habe, ob die mathematische Modellierung nicht zu häufig angewandt würde. Denn schließlich sei sie nicht dazu da, „abstrakte Modelle für imaginäre Wirtschaftsmode lle zu produzieren“  (Im Original: « La modélisation mathématique n'est-elle pas trop pratiquée ? La fonction véritable de l'économie mathématique est d'apporter la rigueur là où l'on en a besoin. Elle n'est pas de produire des modèles abstraits pour des économies imaginaires. »)

Allerdings, so heisst es in dem Artikel auch, habe Malinvaud die Aussage bald drauf wieder revidiert…

Fazit:

Was lehrt und das jetzt? Wenigstens wohl zwei Dinge: Es ist tröstlich, dass

 

  1. die Studenten trotz Bologna-Prozess, Bachelor-Stress und Verschulung des Studiums das Denken nicht verlernt haben.
  2. es die Generation ist, die jetzt heranwächst, die – vielleicht – einmal alles anders machen und vielleicht sogar ihre Wissenschaft wieder als Sozial-Wissenschaft modellieren können…

Und das ist bzw. wäre doch schon mal was. Oder?

 

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