claim von gute-banken

Oh: Das Handelsblatt hat Zweifel am Investment-Banking...

Mit der bemerkenswerten Headline „Ist der Ruf erst ruiniert ..“ zieht ein Artikel im Handelsblatt (30.101.15) eine ebenso bemerkenswerte „Langfristbilanz Investmentbanking“. Wenn man den Inhalt einmal kurz resümieren will: Die Annahme, dass das Investmentbanking sich für die Deutsche Bank unterm Strich lohnte, ist mit Vorsicht zu genießen…

Zunächst zum Inhalt, der mit dem Jahr 1989 beginnt. Damals leitete der damalige Deutsche Bank Chef die Übernahme der britischen Investmentbank Morgan Grenfell ein. In der Deutschen Bank – „einer bis dato biederen Geschäftsbank“ – wunderte man sich über die Gewinne, die da eingefahren wurden. Und dann kommt so ein Satz, den man im Handelsblatt kaum vermuten würde:

„Es gab nur ein Ziel: mehr, mehr, mehr. Oder wie Josef Ackermann, Bankchef von 2002 bis 2012 den Ehrgeiz der Bank formulierte: 25 Prozent Rendite aufs Eigenkapital.“

Dies alles findet dann auch ein im Artikel zitierter kritischer Analyst nicht so richtig prickelnd: „Der Schritt ins Investmentbanking sei gut gemeint gewesen, „aber im Desaster geendet“. Die Investmentbanker hätten den Ruf der Bank ruiniert und ihr „unkalkulierbare Risiken aufgebürdet.“ Und es finden sich sogar ein angelsächsischer Investor, der die Fackel des Zweifels mal in diesen Vorgang hineinhält: „Investmentbanking war seit den späten 90er-Jahren ein von Bankern für Banker betriebenes Geschäft. Als Aktionär war man weit abgeschlagen an zweiter Stelle“.

Diese Aussage rechnet wohl auch mit dem Umstand ab, dass der neue Noch-Co-Chef der Deutschen Bank gestern öffentlich verkündete, dass die Bank, wie man verschiedentlich – u. a. im ManagerMagazin („Deutsche Bank bestätigt Milliardenverlust: Absolut enttäuschendes Ergebnis - Dividende entfällt“, 29.10.15) – lesen konnte, zum ersten mal in der Nachkriegsgeschichte gar keine Dividende an ihre Aktionäre zahlen werde. Und das gleich zwei Jahre lang. Das fanden das nicht lustig und der Börsenkurs sank. Naja.

Zahlen (sind auch nicht alles…)

Und heute? Da müsse die Branche sich, so der Artikel, „inzwischen schönrechnen“. Und dazu macht das Handelsblatt eine nüchterne Gegenrechnung, die wir jetzt nicht überprüft, sondern einfach mal mitgerechnet haben:

1999 – 2014:             Gewinne aus dem Investment-Banking            + 39 Milliarden Euro

2013–2014:             Verlagerung von Verlusten in die Badbank:         – 3,7 Milliarden Euro

2012-1014:            Bezahlte Strafgelder:                                                  –  5 Milliarden Euro

2015:                         Verlust in der Bad Bank                                          – 1 Milliarde Euro

2015:                         Verlust in Sparte                                                       –  2,7 Milliarden Euro

Weitere Stimmen

Die Süddeutsche Zeitung („Deutsche Bank: "That is unser Kerngeschäft", 29.10.15) beleuchtet diese Entwicklung natürlich auch und findet ein sicher nicht falsches Resümé:

Aufgrund des massiven Personalabbaus und der geplanten Schließung von etwa 200 Filialen würden nun “unter den hiesigen Privatkunden der Bank (…) vor allem jene den Umbau spüren, die regelmäßig eine Filiale besuchen müssen.“

Und so fällt eben die Last am Ende auf diejenigen, die oft am wenigstens damit zu tun haben. Die Kunden der Banken.

Unser Fazit zum Handelsblatt-Artikel

In Summe kann man sagen: Das Dramatische an dieser Rechnung sind im Grunde nicht die Zahlen, sondern eben, dass es erst solcher Zahlen bedarf, bis bemerkt wird, dass irgendetwas nicht richtig sein kann. Einfacher gesagt: Dass nicht alles, was richtig Geld bringt, auch wirklich richtig ist. Die Ablösung des Gesamtsystems von der gesellschaftlichen Realität mündet halt meist in Träumerei.

Dennoch ist das wirklich ein bemerkenswert kritischer und gut recherchierter Handelsblatt-Artikel, der aber leider – in diesem Fall muss man das sagen – nur im Premiumbereich komplett zu lesen ist. Die Sichtweisen, die er auf die Sache hat, sollten allerdings nicht als zahlungspflichtiges Herrschaftswissen gehalten werden. Die sollten schon jedermann zugänglich sein. Und das ist ein Lob…

weitere Einträge

Kommentare

Kommentar schreiben

Bleiben Sie bitte sachlich und themenbezogen in Ihren Beiträgen und unterlassen Sie bitte links- und rechtsradikale, pornographische, rassistische, beleidigende und verleumderische Aussagen.