claim von gute-banken

Juncker würdigt Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Oder: Das fast übersehene Video.

Gleich doppelt bemerkenswert: EU-Kommissionspräsident Juncker spricht sich in einer Rede für Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus. Seine Begründung: Sie passen zur sozialen Marktwirtschaft, weil sie nicht dem „ewigen Wunsch nach Geld, immer mehr Geld, kürzerem Profit“ folgen. So deutlich wird es selten gesagt. Das ist der eine bemerkenswerte Punkt…

Der andere – im Grunde noch bemerkenswertere Punkt: Diese Rede hielt Junckers schon am 8.10.15 bei einer Veranstaltung der Passauer Neue Presse. Die im Video (Time Code ab 50:50) festgehaltene und von der Europäischen Kommission veröffentlichte Rede wurde erst drei Wochen später, am 1.11.15 entdeckt – zuerst von der FAZ, die den Teil mit den Sparkassen und Genossenschaftsbanken fand und mit einem kurzen Artikel („Einlagensicherung: Ohne Volksbanken und Sparkassen“, 1.11.15) versah.

Danach wurde das Thema u.a. von Spiegel-Online („EU-Einlagensicherung: Juncker plant Ausnahme für Sparkassen und Volksbanken“, 2.11.15) der Süddeutschen Zeitung („Europäische Einlagensicherung: Juncker schont die Sparkassen“, 2.11.15) (für die Nennung der Genossenschaftsbanken in der Headline war das Wort offenbar zu lang… J) und der Badischen Zeitung („Sicherung der Sparguthaben: Juncker will eine Bankenunion light“, 3.11.15) aufgegriffen.

Worum geht's?

Konkret geht es bei der Diskussion um die Einlagensicherung darum, dass die Europäische Kommission eine sogenannte Bankenunion installieren will, die neben einer europaweit einheitlichen Aufsicht und einem einheitlichen Regelwerk auch eine Lösung zur Abwicklung von Banken beinhaltet. Einfach gesagt: Wenn eine Bank in Europa pleite geht, sollen alle anderen Banken mit entsprechenden Einlagen dafür sorgen, dass die Sparguthaben ihrer Kunden nicht verloren gehen. Bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken gibt es solche eine eigene gemeinsame Einlagensicherung aber schon. Deshalb müssten sie quasi zweimal bezahlen. Dagegen gibt es seitens der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken schon seit einiger Zeit verständlichen Widerstand.

In dem Video nimmt Junckers dazu explizit Stellung - und grenzt sie auf bemerkenswerte Weise von anderen Banken ab:

„Die Krise wurde ausgelöst von Menschen, die die Kardinaltugenden der sozialen Marktwirtschaft nicht beachtet haben. Der ewige Wunsch nach Geld, immer mehr Geld, immer kürzerer Profit. Immer nur drei Monate, drei Monate, drei Monate. Das ist ein Wirtschaftssystem und ein Wirtschaftsdenken, das nicht zur sozialen Marktwirtschaft passt. Die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken allerdings, die passen zu unserem Wirtschaftsmodell und deshalb werden die von dieser Einlagensicherung nicht berührt werden.“

Im Anschluss führt Juncker dann allerdings noch einen Gedanken aus, der einem eventuell Sorge bereiten könnte:

„Im Übrigen wird das – ich möchte da nicht technisch werden – nicht einfach plump ein Einlagensicherungsmodell geben, sondern wir werden das für den Weg der komplizierten Verästelungen, die das Rückversicherungswesen erlaubt, regeln. Die Suppe wird nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird.“

Wir gehen jetzt einmal davon aus, das er damit lediglich ein Gedankenmodell beschreibt, in dem die Bankenunion für die Anleger einer Pleitebank eine Versicherung ihrer Einlagen darstellt, in der die Prämien von Banken, die riskante Geschäfte machen auch mehr Versicherungsprämie bezahlen müssen. Und dass man nicht darüber nachdenkt, die Einlagensicherung über derivative Instrumente wie Credit Default Swaps abzusichern. Naja. Das wird man dann sehen.

Noch eine kleine Randnotiz dazu: Das von der EU-Kommission zur Verfügung gestellte Video „ Participation of Jean-Claude Juncker, to the debate entitled "Euro, Russia, Refugees – The future of the European Union" in Passau, Germany“ zeigt am 3.11.15 um circa 10:30 Uhr gerade mal „1579 views“.  Man darf gespannt sein, ob diese Zahl noch massiv wächst. Naja. Für eine Veranstaltung mit diesem Themenumfang ist ein Video sicher nicht das optimale Mittel zur Streuung von wichtigen Informationen…

 

 

weitere Einträge

Kommentare

Kommentar schreiben

Bleiben Sie bitte sachlich und themenbezogen in Ihren Beiträgen und unterlassen Sie bitte links- und rechtsradikale, pornographische, rassistische, beleidigende und verleumderische Aussagen.