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Restrukturierungsfondsgesetz (RstruktFG): Sinkendes Schiff oder stinkender Fisch?

 Am 26.11.10 meldet u.a. der Spiegel: „Kehrtwende bei der Bankenabgabe - Länder zwingen Sparkassen Notfallsteuer auf.“ Wie lange wird es dauern bis man bemerkt, dass es sich mit Bankenabgabe und Restrukturierungsfonds so ähnlich verhält, wie mit einem unfolgsamen Kind, dem man als Erziehungsmaßnahme das Taschengeld um ein Prozent kürzt...

 

Als zunächst einmal ein kurzer Auszug aus dem Spiegel-Artikel vom 26.11.10 zum Mitlesen:

 

„Der Bundesrat zwingt Sparkassen und Genossenschaftsbanken dazu, sich an einem neuen Rettungsfonds zu beteiligen, der die geordnete Abwicklung einzelner Institute ermöglichen soll. Dabei sind die Provinzhäuser an der Finanzkrise gar nicht schuld.“

 

Diese Aussage ist ohne Zweifel richtig. Im Grunde, so ergänzte sie DSGV-Präsident Haasis, ist eine Hineinnahme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken in die Sippenhaft der Finanzsippe auch unsinnig:

Bei seinem Statement anlässlich der SPD-Konferenz zur Regulierung der Finanzmärkte (14.09.10) sagte Haasis zu Bankenabgaben:

„Mir hat aber bisher niemand erklären können, weshalb dann kleine Sparkassen und Volksbanken dort einzahlen sollen. Sie selbst werden niemals auf diesen Fonds zu greifen können. Und sie haben eigene wirksame Sicherungssysteme.“

Was er zur Bankenabgabe sagt, gilt auch für den Restrukturierungsfonds. Warum machen sie es trotzdem? Schwer zu sagen.

Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben...

Wer zahlt für wen?

Die Definition der Zielobjekte auf der Geberseite für den Restrukturierungsfonds ist übrigens ziemlich klar im Artikel 3 des Gesetzes zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute  (Restrukturierungsfondsgesetz - RStruktFG) geregelt:

§ 2

Beitragspflichtige Unternehmen

Beitragspflichtige Unternehmen sind alle Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes mit einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz, die die Vorgaben der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung einhalten müssen. Kreditinstitute, die gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer befreit sind, und Brückeninstitute nach § 5 Absatz 1 sind nicht beitragspflichtig.

Sparkassen und Genosssenschaftsbanken sind körperschaftssteuerpflichtig – wohl deshalb, weil sie ja auch Geld verdienen. Ergo werden sie nicht ausgenommen. So einfach kann man es sich machen.

Da stellt sich der Laie doch die Frage: Könnten Sparkassen oder Genossenschaftsbanken überhaupt je systemgefährdend sein? Dazu müsste man wissen, wie Systemgefährdung definiert ist. Auch dazu sagt § 48b Bestands- und Systemgefährdung im Absatz (2) klare Worte:

 

Eine Systemgefährdung liegt vor, wenn zu besorgen ist, dass sich die Bestandsgefährdung des Kreditinstituts in erheblicher Weise negativ auf andere Unternehmen des Finanzsektors, auf die Finanzmärkte oder auf das allgemeine Vertrauen der Einleger und anderen Marktteilnehmer in die

Funktionsfähigkeit des Finanzsystems auswirkt.

 

Hm, diese Definition mag auf Großbanken (warum fällt einem beim negativen „Einfluss auf das allgemeine Vertrauen“ bloß immer gleich die Deutsche Bank und die Commerzbank ein?) zutreffen.

Aber wie soll eine Sparkasse oder Genossenschaftsbank so eine Gefährdung schaffen? Das Einzige, was sie kann, ist sich selbst zu gefährden. Noch nicht einmal ihre Kunden kann sie richtig gefährden, denn die werden ja selbst bei dümmstem Versagen der regionalen Bank über den Sicherungsfonds des Verbandes aufgefangen. Mitgefangen, mitgehangen. So heisst es. Und so wird’s auch beim Restrukturierungsfonds gemacht. Was wie eine Bank aussieht und nicht bei drei auf dem Baum ist, muss auch bezahlen. Egal ob das Sinn macht oder nicht.

Gemeinwohl? Mediale Fehlanzeige.

An dieser Stelle bestätigt sich ein wenig, was wir schon lange sagen: Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind letztlich nicht so medien- und lobbystark, wie sie es vielleicht sein könnten. Würden sie doch einfach nur mal sehr viel intensiver über die Dreigliedrigkeit des deutschen Bankensystems und auch die kontraproduktive Wirkung von Spekulations- und Gelderfindungs-Instrumente wie Verbriefung, CDS, Dark Pools etc hinweisen.

Wir tun das ja die ganze Zeit – aber soo groß ist unsere Reichweite halt (noch) nicht....

Allemal hat Heinrich Haasis, der Präsident des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV) diesbezüglich in letzter Zeit ein wenig mehr das Kriegsbeil ausgegraben. Da machen wir doch gerne mal Werbung dafür! So sagte er bei der genannten SPD-Konferenz zur Regulierung der Finanzmärkte am 14.09.10 unter anderem:

Aus meiner Sicht haben Kreditinstitute - Banken wie Sparkassen, private wie öffentlich-rechtliche - ausschließlich die Aufgabe, in vielfältiger Weise anderen Akteuren im Wirtschaftsleben bei der störungsfreien Durchführung ihrer wirtschaftlichen Zielsetzungen oder Geschäfte behilflich zu sein. Kreditinstitute müssen also eine dienende Rolle einnehmen. Sie müssen anderen privaten wie gewerblichen Akteuren bei der Mehrung deren Wohlstandes behilflich sein.

Genau darum geht es bei Banken eigentlich. Darum ging es viele Jahrzehnte – und dann nicht mehr. Dann wurde es schick, einen „starken Finanzplatz“ zu haben. Die Thatcher deindustrialisierte England mal eben. Viele Länder drehten im Finanzmarkt voll auf und holten sich bei den diversen Crashes blutige Nasen. Irland musste wie man weiss, derartig viel Geld in die Rettung seiner „systemrelevanten“ Banken investieren, dass dem kleinen Land genau derselbe Finanzmarkt, der vorher so freudig begrüßt wurde, jetzt das Leben schwer macht.

Dabei wäre es doch so einfach. Auch hier sagt Heinrich Haasis, wie er das sieht:

Die erste wichtige Zielsetzung von Finanzmarktregulierung ist: Wirtschaft und Gesellschaft müssen besser als bisher vor Blasen und damit Stabilitäts- und Wohlstandsgefahren geschützt werden. Es geht um die Sicherung des allgemeinen Wohlstands.

Warum wird man das Gefühl nicht los, als gehe es derzeit immer noch nur um die Rettung von skrupellos spekulierenden Großbanken, die nur an Rendite und nicht am Gemeinwohl interessiert sind? Sie sollen nun ein wenig von ihrem Geld abgeben – damit sie weiter spielen dürfen. Obwohl es ja erwiesenermaßen nur zur Systemgefährdung führt.

Arbeit im System oder Arbeit am System?

Wie sagt man so schön: Der Fisch fängt am Kopf an, zu stinken. Angesichts dieser konkreten Entwicklung und auch der grundsätzlichen Attitüde stellen sich immer stärker eine ganze Reihe von Fragen:

Was treibt die Politik – insbesondere die deutsche – überhaupt zu Bankenabgaben als „alternativlose“ Lösung? Glaubt Frau Merkel wirklich, dass der Schmerz der Bankenabgabe oder des Restrukturierungsfonds groß genug sein könnte, um die nächste Blase zu verhindern? Oder sieht sie diese Möglichkeit gar nicht? Wie wäre die in vielfacher Hinsicht völlig entgrenzte Spekulation am Finanzmarkt zu stoppen?

Das ganze Prinzip der Abgabe ist krank. Es widerspricht übrigens auch der EU-Philosophie, die sich eine Politik des Lernens gab: Im Rahmen des sogenannten „Globalen Konzepts“ (the Global Approach), das die Europäische Union am 21.12.1989 verabschiedete, wurde sinngemäß festgelegt: Das „globale Konzept“ ist ein System, das aus Fehlern lernen will – quasi eine lernende volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Organisation. Das funktioniert in etwa so:

 

Erst wenn etwas sichtbar passiert, wird eingegriffen. Damit greift das globale Konzept eine der ältesten Weisheiten des Ingenieurwissens auf: Es gibt keine Welt ohne Risiken! Die Kunst besteht einfach darin, die Risiken zu erkennen und Maßnahmen zu ihrer Reduzierung zu ergreifen. Und nicht – das ist eben der Punkt – Maßnahmen zur Finanzierung ihrer Wiederholung!

 

Um es einfach zu sagen:

Risiken zulassen – Problem erkennen – daraus lernen - Ursache regulieren. Ende.

Also, um auch mal Heinrich Haasis zu zitieren:

Mir leuchtet etwa bis heute nicht ein, weshalb jemand eine Kreditversicherung - ein CDS - braucht, der mit dem zugrunde liegenden Kredit gar nicht zu tun hat. Ähnliches gilt für manche Leerverkäufe. Das Mindeste ist mehr Transparenz über solche Geschäfte. Das bedeutet z.B., keine sogenannten OTC-Geschäfte - „Über-den-Schalter-Geschäfte“ - mehr zuzulassen, die jenseits von Börsen im Halbdunkel abgewickelt werden. Sie sind nicht zuletzt für Rohstoff- und Nahrungsmittelspekulationen eine wesentliche Ursache.

Korrekturen am System selbst? Fehlanzeige! Statt dessen wird lustig weiter gespielt und auf Währungen gewettet. Auch und vor allem in Deutschland: So berichtet das Anlegermagazin der Börsen Zeitung mit dem schönen Namen „Rendite“ in der Dezemberausgabe 2010 unter der Headline "Derivate-Flut": "

Der Derivatemarkt in Deutschland hat rund 2 Jahre nach der Insolvenz von Lehman einen Meilenstein ereicht. An der Börse Stuttgart waren per Ende Oktober rund 508 000 Anlegerzertifikate und Hebelprodukte handelbar - so viele wie in keinem anderen Land!"

Und der Josef beklagte kürzlich noch, dass die deutsche Finanzindustrie nicht Weltspitze wäre...

Fazit

 

Das Fazit ist kurz: Das Schiff sinkt nicht. Aber der Fisch bestinkt zu stinken. Hört einfach auf, den Medien und manchen Politikern zu glauben, dass der Wettbewerb gerade im Finanzbereich alles regelt und deshalb die oberste Maxime ist. Die oberste Maxime ist das Gemeinwohl, die Unternehmen und Kommunen und ihre Mitarbeiter und Bürgerinnen und Bürger. Lasst Euch nicht erzählen dass es nicht anders gehen soll, als Währungen und alles andere zu handeln, zu derivieren, zu verbriefen, zu strukturieren und zum Gegenstand von Wetten zu machen. Arbeitet wirklich nur noch mit Banken zusammen, von denen ihr wisst, dass sie Interesse am Gemeinwohl haben und diese ganzen Spielchen nicht mitmachen – oder wenigstens nicht das volle Programm.

 

Fragt Euren Bänker, ob seine Bank

 

  • Dark Pools betreibt
  • Produkte anbietet, die auf sinkende Kurse wetten
  • Hebelprodukte anbietet
  • CDS anbietet

 

Wenn er mehr als zweimal nickt: Wechselt die Bank!

 

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