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Neuer Deutsche Bank-Co-Chef: „Wie viel“ soll jetzt nicht mehr die „wichtigste“ Frage sein.

Beachtlich: Der neue Co-Chef der Deutschen Bank veröffentlicht ein Antrittsschreiben an die Mitarbeiter des zerrütteten Hauses. Das haben wir natürlich mit Interesse gelesen – und mussten hie und da auch mal grinsen …

Der Brief, den John Cryan zu seinem Antritt am 1. Juli an die Mitarbeiter der Bank schickte und direkt auf der Website der Bank öffentlich machte, ist lang. Er zeigt zunächst, wo man herkommt. Beschreibt die Stärken, die er sieht und die Herausforderungen – jeder weiß, dass das ein besseres Wort für „einen Sack an ungelösten Problemen“ ist.

Die Stärken

Zunächst die Stärken: Man verfügen über eine „unangefochtene Position in Deutschland“ und „wir können und sollten hier eine größere Rolle spielen.“ Die Deutsche Bank müsse wieder dorthin zurückkehren, „wo sie hingehört: nämlich ins Herz der deutschen Gesellschaft und ihrer Wirtschaft“ und zwar „als eine führende globale Bank bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für institutionelle Kunden und Firmenkunden.“

Dieser Nebensatz zeigt, in welche Richtung Cryan zu denken scheint: Er will in Deutschland das – internationale – Geschäft mit Unternehmen und Investoren. Das Geschäft mit den kleinen Privatkunden scheint ihm nicht besonders zentral zu erscheinen. Wohl auch deshalb wünscht er am Ende „der Postbank alles Gute für eine erfolgreiche und unabhängige Zukunft.“

Und dann werden die Schwächen aufgelistet:

Die Schwächen

Durch das Bemühen, „höchste Verhaltensstandards zu etablieren“, sei man zu bürokratisch – vielleicht auch zu vorsichtig? – geworden.

Außerdem würden die Leistungsfähigkeit und die Erträge der Bank nicht zusammen passen. Man arbeite zu langsam, zu oft manuell bzw mit veralteten Technologien und bisherige Investitionen in neue Infrastruktur seien nicht immer zielführend gewesen.

Nicht zuletzt sei das Geschäftsmodell zu komplex. Was wohl soviel heißt, dass man zuviel gleichzeitig bzw jedes Geschäft, das man machen konnte, auch gemacht hat. Allemal müssten Geschäftsmöglichkeiten künftig als wesentlich erachtet werden, gute Aussichten haben und vor allem auch „den Standards entsprechen, die wir erwarten“. Was diesen Kriterien künftig nicht entspricht, wird beendet und wenn nötig auch die dazugehörigen Bereiche geschlossen.

Dazu gehöre auch, dass das „Handelsgeschäft mit Wertpapieren und Derivaten nicht mehr so bilanzintensiv sein“ könne. Ob das auf eine Reduzierung des Geschäfts mit Derivaten bedeutet? Das würden einen doch wundern. Allemal, so Cryan, „sollte dies für uns auch keinen Wettbewerbsnachteil bedeuten, da der Markt sich bereits in diese Richtung bewegt.“

Fazit: Kosten runter, Erträge rauf

Alles in allem liest sich das wie ein unternehmerisches Programm, das Kosten und Aufwände reduzieren und Erträge steigern will. Damit mehr dabei rausspringt – auch für die Aktionäre, denen die Deutsche Bank ja dient. Das geht in Ordnung, weil es eine übliche Vorgehensweise ist. Auch wenn oder gerade weil die eigenen Aktionäre in dem Schreiben kein einziges mal vorkommen.

Und dann kommt eben dieser Satz, bei dem wir doch ein wenig lächeln mussten:

Man bleibe natürlich „ergebnisorientiert“. Allerdings „setzen wir die Anreize so, dass der Aspekt, „wie“ etwas erreicht wird, wichtiger ist als „wie viel“ erreicht wird.“

Wird das bedeuten, dass „wie viel“ tatsächlich auch für die Deutsche Bank nicht mehr die "richtige" Frage ist – so wie wir das schon oft gesagt haben? Naja, man soll die Kirche im Dorf lassen. Allemal wird es nach seinen Vorstellungen nicht mehr die „wichtigste“ Frage sein.

Was man daraus schließen kann, wäre ja auch schon etwas: Man würde tatsächlich nicht mehr jedes Geschäft machen, nur weil man es machen kann und viel damit zu verdienen ist. Sondern eben nur wenn es auch Sinn macht. Das wäre doch schon mal was.

Man darf also gespannt sein, wie die neue Strategie konkret aussehen wird. Da muss man sich aber noch ein wenig gedulden. Denn die würde erst im Frühherbst veröffentlicht werden…

 

 

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