claim von gute-banken

Science Fiction: Wetten dass die Deutsche Bank gewinnt?

Oder: Was ist eigentlich ein „Zins-Swap“?

 

 

Die Deutsche Bank wird schon seit geraumer Zeit von Kommunen und mittelständischen Betrieben mit Klagen überzogen. Konkret geht es um ein Geschäftsmodell, mit dem sie etwa um das Jahr 2000 herum hausieren ging: Sogenannte Zins-Swaps, mit denen man das Kunststück fertigbringen sollte, existierende Zinslasten durch den Austausch von Euribor-Zinsen zu reduzieren. Was ist das denn nun schon wieder? Mal sehen, ob Ihr’s versteht.

 

Beispiel: Am 28.10.10 schrieb FAZ-Net unter der schönen Headline „

Zinswetten in der Provinz - Deutsche Bank zu hohem Schadenersatz verurteilt“:

 

Am Montag durfte sich die Deutsche Bank noch als klarer Sieger fühlen, schon am Dienstag folgte jedoch eine Klatsche. Das Landgericht Frankfurt sah es als erwiesen an, dass die Bank im Jahr 2005 beim Verkauf eines komplizierten Zinsderivats ("spread ladder swap") an die Stadtwerke Pforzheim ihre Beratungspflichten in grober Form verletzt hat. Man habe dem kommunalen Betrieb unter dem Stichwort Zinsoptimierung ein Produkt verkauft, das für solche Zwecke überhaupt nicht geeignet war, erklärte der Vorsitzende Richter Detlef Stark bei der Urteilsverkündung.

 

Um es kurz zu sagen: Die Sache ist derartig kompliziert, dass man sie wirklich fast kaum verstehen kann. Das hinderte unsere Freunde aus Frankfurt und anderswo aber nicht daran, sie vielen, vielen Unternehmern und Entscheidern in Kommunen schmackhaft zu machen.

 

Und weil das alles so ist, wie es ist, haben wir heute mal einen anderen Weg gewählt, um die Sache zu erklären. Es ist gewissermaßen ein Science-Fiction-Theaterstück mit einem Nachwort. Wie immer gilt: „Das ist frei erfunden. Eine Ähnlichkeit mit real existierenden Personen oder Instituten wäre rein zufällig...“

 

 

Vorwort / Prolog:

 

Also: Wir wären jetzt mal die Bank. Und Ihr wärt ein Kunde aus dem Mittelstand oder aus dem kommunalen Bereich. Und jetzt geht das so:

 

 

Vorhang auf ....

 

Ein Büro oder Besprechungsraum.

 

Wir: „ Ihr Darlehen liegt bei 1 Million Euro. Da zahlen Sie ja derzeit einen Nominalzins von 5%. Finden Sie das nicht ein wenig viel?“

 

Ihr: „Klar finden wir das zu viel. Das finden wir immer zuviel!“

 

Wir: „Dann hätten wir hier ein gutes Angebot für Sie, mit dem Sie Ihre Zinsen optimieren oder so richtig schön sichern können!“

 

Ihr: „Echt? Cool! Wie geht das denn?“

 

Wir: „Also, wenn man’s mal verstanden hat, ist es ganz einfach.“

 

Ihr: „Echt? Ja, dann erklären Sie mal...“

 

Wir: „Einfacher Gedanke: Warum sollten Sie nur Zinsen zahlen müssen, wenn Sie gleichzeitig welche bekommen können? Leuchtet das ein?“

 

Ihr: „Naja, das machen wir ja eigentlich schon beides – wenn wir gerade Guthaben anzulegen haben.“

 

Wir: „Ja, aber das ist ja etwas anderes.  Das wäre ja ein ganz normales Aufrechnen von Kreditzinsen und Guthabenzinsen. Das ist ja sterbenslangweilig. Was wir hier haben, ist viel besser!“

 

Ihr: „Aha. Und was wäre das?“

 

Wir: „Also das ist ganz einfach. Wir machen gemeinsam einen zweiten Vertrag. Und zwar einen Zins-Swap-Vertrag...“

 

Ihr: „Stop! Bitte kein Bullshit-Bingo. Was heißt das denn genau?“

 

Wir: „Klar, man kann’s auch auf deutsch sagen: Also wir tauschen gewissermaßen unsere Zinsen gegenseitig aus.“

 

Ihr: „Aha. Äh. Ja. Und dann?“

 

Wir: „Genau! Also im Moment zahlen sie nur, wenn wir diesen Vertrag gemacht haben, dann kriegen sie immer zu bestimmten Zeitpunkten den Euribor quasi gutgeschrieben.“

 

Ihr: „Mal blöde fragen: Was ist der Euribor überhaupt?“

 

Wir: „Blöde Fragen gibt’s nicht. Nur blöde Antworten: Der Euribor ist eine Abkürzung. Die steht für European InterBank Offered Rate. Also auf deutsch ist das der Zins, den sich Banken jeweils gegenseitig bezahlen.“

 

Ihr: „Aha, der ist bestimmt günstiger als das, was wir bezahlen...“

 

Wir: „Ja das stimmt schon. Aber das macht eigentlich nichts. Weil genau genommen kriegt Ihr auch nicht genau den Euribor, sondern wir machen das einfach so: Wir geben euch zum Beispiel immer den Abstand zwischen Euribor-Zins für 2 Monate und dem 10-monatigen Euribor.

 

Ihr: „Aha. Ist das viel?“

 

Wir: „Und ob! Schauen mal, da war im Januar 2001 der Unterschied zwischen 3,828 Prozent für  2 Wochen und 4,712 Prozent für 10 Monate. Ist doch Wahnsinn, fast ein ganzes Prozent, das Sie einfach so gutgeschrieben kriegen! Und wer weiß, vielleicht wird der Unterschied ja noch größer! Dann wächst natürlich Ihr Vorteil!“

 

Ihr: „Hm. Und den kriegen wir also einfach so?“

 

Wir: „Ja also fast einfach so. Wir machen eben diesen Vertrag. Und wir machen das dann so, dass wir Ihnen den Wert von der Euribor-Differenz gar nicht auszahlen, sondern dass wir ihn einfach mit dem Zins, den Sie bezahlen müssen verrechnen.“

 

Ihr: „Aha. Wenn wir also 5% zahlen müssen, und diese Euribor-Differenz zum Beispiel bei 1 % liegt, dann kriegen wir nur 4% abgebucht?“

 

Wir: „Ja, so ungefähr geht das! Und überlegen Sie mal, wie gut das ist. Das Geld, das Sie nicht für den Zins ausgeben, können Sie ja für sinnvollere Dinge einsetzen.“

 

Ihr: „Klingt ja interessant. Aber mal ne Frage: Warum machen Sie das? Wollen Sie uns nur was Gutes tun?“

 

Wir: „Ja, so kann man das sagen. Aber ganz ehrlich: Natürlich wollen wir daran auch etwas verdienen. Aber das ist im Grunde marginal. Gemessen an den Chancen, die Ihnen das bei der weiteren Zinsentwicklung bietet.“

 

Ihr: „Wie sieht die weitere Zinsentwicklung denn aus?“

 

Wir: „Ja, das kann man natürlich ohne Glaskugel nicht sagen. Haha. Aber mal andersrum gefragt: Denken Sie, dass der Zins langfristig steigen oder fallen wird?

 

Ihr: „Na wahrscheinlich wird er schon wieder steigen. Er ist ja im Moment ziemlich niedrig.“

Wir: „Eben! Das kann wirklich so sein. Und damit sich das Ganze aber nicht erst irgendwann für Sie lohnt, sondern gleich, geben wir Ihnen mal gleich einen Goodie: Wir reduzieren Ihren Zins im ersten Jahr z.B. um 1,5%. Dann profitieren Sie direkt! Und das mit der Zinsentwicklung kann dann etwas warten. Und dann steigern wir Ihren Zins so im zweiten oder dritten Jahr wieder und packen jedes Mal so ein halbes Prozent drauf.“

 

Ihr: „Aha. Verstehe. Und die Überlegung ist also, dass uns die Zinssteigerung dann nichts ausmacht, weil ja die Euribor-Differenz das ausgleicht.“

 

Wir: „Ich merke schon, Sie sind in Gelddingen erfahren.“

 

Ihr: „Danke für das Kompliment aus Ihren Munde. Man tut, was man kann.“

 

Wir: „Sehr klug von Ihnen. Drum erlaube ich mir die schnelle Frage: Wollen wir das also so machen?“

 

Ihr: „Na, vielleicht sollten wir nochmal drüber nachdenken.“

 

Wir: „Ja, das können Sie natürlich. Aber bedenken Sie: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ und so weiter. Sie wissen ja, wie es ist.“

 

Ihr: „So gesehen haben Sie auch wieder recht.“

 

Vorhang.

 

Epilog / Nachwort

 

Also, so oder so ähnliches mögen sich die Gespräche abgespielt haben. Vielleicht hat die fiktive Bank auch den Zinsswap gar nicht als Wette auf die Euribor-Differenz, sondern einfach nur auf den Euribor gemacht. Und den Kunden eben gefragt, was er woll denkt, wie sich der Zins entwickeln würde. Und der Kunden fühlt sich gebauchpinselt und sagt, was er denkt. Und das wird gegen ihn verwendet. Habt Ihr das Prinzip in etwa verstanden? Falls nicht, würde uns das nicht wundern. Wir verstehen es ehrlich gesagt auch nicht.

 

Um Euch und uns mal ein wenig auf die Sprünge zu helfen: Es handelt sich im Grunde einfach nur um eine Wette auf die Zinsentwicklung. In dem hier beschriebenen (natürlich frei erfundenen) Fall geht es also um eine Wette bezüglich der Entwicklung des Verhältnisses von zwei verschiedenen Zinssätzen zueinander. Diese Wette, so erklärt der fiktive Bänker, soll dazu dienen, „Zinsrisiken abzusichern“ oder „Zinsen zu optimieren“.

 

Wenn Ihr jetzt fragt, ob man so eine Wette nicht auch zum Beispiel mit anderen Dingen hätte machen können – wie zum Beispiel mit der einfachen Unterscheidung „regnet es am 31.12.2011 oder regnet es nicht“, dann habt Ihr auf gewisse Weise recht. Nur gibt es da einen Unterschied.

 

Bei der Frage, ob es regnen wird oder nicht, sind die Chancen quasi 1 zu 1 gleich verteilt. Bei den Zins-Swap-Wetten ist die Chance, zu verlieren, für den Bankkunden deutlich höher. Der Kunde kann verlieren. Die Bank gewinnt auf jeden Fall.

 

Der Grund dafür ist eigentlich auch ganz einfach: Je höher der Zinssatz im Ganzen, desto größer wird naturgemäß der Abstand zwischen z. B. einem 2-monatigen und einem 10-monatigen Euribor sein können. Klingt das logisch? Gegenprobe: Wenn der Zins im Ganzen steil nach unten geht, und der Euribor für 2 Wochen wie zum Beispiel im Janur 2010 bei 0,393 % liegt, dann kann der Unterschied zum 10-Wöchigen ja kaum größer werden. Im Januar 2010 lag der 10-Wöchige zum Beispiel bei 1.17%.

 

Und wenn grade mal wieder Krise ist und die Banken sich gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen, dann kann es auch mal sein dass der Unterschied noch geringer wird Januar 2007: 2 Wochen: 3,615%, 10 Wochen: 3,985%). Noch blöder wird es, wenn die 10 Wochen günstiger sind als die 2 Wochen. Dann entsteht ein Negativbetrag.

 

 

Ja, so ist das mit dem Zinsswaps und all dem, was so an Luftbuchungen getrieben wird. Und wofür man dann verklagt wird. Und in Revision geht. Und den Prozess schlussendlich doch verliert. Und hoffentlich auch weitere Prozesse verlieren wird. Und zwar einfach deshalb, weil sich dieses Verhalten – nicht nur im Zusammenhang mit Kommunen, die einfach rechtlich gesehen nicht sepkulieren dürfen – einfach nicht gehört. Es widerspricht nicht zuletzt auch dem Ethik-Kodex der Deutschen Bank. Und zwar genau so, wie man ihn öffentlich gemacht lesen kann:

 

Die Deutsche Bank fordert aufrichtiges und ethisch einwandfreies Verhalten bei allen geschäftlichen Aktivitäten. Dies bedeutet insbesondere, wie folgt zu handeln: in gutem Glauben und verantwortungsbewusst, mit Sorgfalt, Umsicht, Kompetenz und Engagement, ohne Tatsachen falsch darzustellen oder das eigene Urteil bzw.  Entscheidungen sachfremden Erwägungen unterzuordnen oder sich von solchen Erwägungen leiten zu lassen.

Die Deutsche Bank, so FAZnet habe Ärger mit komplizierten Zinsgeschäften. Eine Fülle von Klagen, so heisst es dort weiter sei am laufen. Fatal daran, dass offenbar jedes Gericht die Sache anders sieht. Das Landgericht Frankfurt hat das Kreditinstitut am Dienstag also zu einer Zahlung von 3,9 Millionen Euro plus Zinsen an die Stadtwerke Pforzheim verurteilt. Natürlich will die Deutsche Bank beim Bundesgerichtshof in Revision gehen. Vielleicht wäre es ja mal gut, wenn die Geschäftsmodelle, um die es da geht, justiziabel gemacht würden. Damit einfach mal Klarheit einkehrt, was richtig ist und was falsch. Und bis das mal geschehen wird, sollten wir dies alles als Science Fiction betrachten. Oder eben als Schmierentheater....

 

Es würde sich natürlich auch anbieten, unsere Bänker mal zu fragen, was sie so darüber denken, also z.B.

 

ob  unsere Bank auch solche Wetten auf irgendetwas zur Zinsoptimierung anbietet

ob sie konkret Zins-Swaps, Zins-Ladder Swaps oder ähnlich anbietet

was unser Banker von solchen Sachen hält

 

Dabei sollte wie immer gelten: Wenn uns die Antworten gefallen, bleiben wir bei der Bank. Und wenn nicht, suchen wir uns eine, die bessere Antworten findet.

 

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