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Das Handelsblatt hat’s eilig mit Paydirekt: Warum eigentlich?

Eile mit Weile: Mit einer wie immer markigen Headline („Stotterstart für Paydirekt“, 16.8.15) berichtet  das Handelsblatt ein wenig über das langsame Anlaufen des von allen deutschen Bankengruppen beförderten Online-Bezahldienstes Paydirekt. Besonders viel erfährt man darüber allerdings nicht. Denn offenbar dient er nur dazu, die Sparkassen-Organisation ein wenig durch den Kakao zu ziehen…

Zum Hintergrund: Mit dem neuen Bezahldienst sollen Kunden – ähnlich wie mit dem amerikanischen Paypal oder der dem im bayrischen Gauting ansässigen Dienst Sofortüberweisung – in Online-Shops sicher bezahlen können. Im Unterschied zu Paypal soll der Kauf, soweit das bisher ersichtlich ist, direkt über das Konto des Kunden bei seiner Bank abgewickelt werden. Dass dieser neue Dienst tatsächlich von den Verbänden aller drei Säulen des deutschen Bankensystems – öffentliche, genossenschaftliche und private Banken – befördert wird, ist an sich schon bemerkenswert. Wie man bereits Ende Mai u.a. bei WELT-Online („Der verzweifelte Kampf ums digitale Geld“, 31.5.15.) lesen konnte, waren zunächst die Genossenschaftsbanken und die Privatbanken an Bord. Im April diesen Jahres stießen dann auch die Sparkassen dazu.

Darum geht es:

Das Ziel war auch zügig definiert: Im November soll das Onlinezahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft starten. Zum Weihnachtsgeschäft 2015 sollten e-commerce-Kunden bereits über diesen Dienst bezahlen können. Natürlich noch nicht bei allen. Denn für jeden Online-Händler bedeutet die Hinzunahme von Paydirekt erstmal Aufwand – den man, wie u.a. in der Wirtschaftswoche („Paydirekt: Händler lehnen Online-Zahlsystem deutscher Banken ab“, 13.8.15) wenigstens zum Weihnachtsgeschäft ungern leisten wird.

Umgekehrt können – so witzelt das Handelsblatt ein wenig träge –  aber zunächst könnten gar nicht alle Kunden der Sparkassen den neuen Dienst nutzen. Und das liege nun wieder daran, dass es zunächst eine Testphase mit einigen Pilot-Sparkassen geben wird. Deshalb werden ab November zunächst auch nur die Kunden dieser Pilot-Häuser in den Genuss von e-commerce-Zahlungen per paydirekt kommen. Nach Abschluss der Testphase werden dann die anderen Sparkassen nachziehen und Paydirekt in der Fläche für Sparkassen-Kunden verfügbar sein.

10 Jahre sind eine kurze lange Zeit: Wie das alles losging

Nun könnte man wohl sagen, dass die deutschen Banken alle zusammen mit dem Ansatz eines deutschen online-Bezahlverfahrens ein wenig lange gewartet haben. Denn immerhin gibt es Anbieter wie Paypal in Deutschland schon seit 2004. Damals – als der „e-commerce“ in Deutschland noch „Neuland“ war, eröffneten die Amerikaner deutschen Online-Käufern die Möglichkeit, ihre Käufe bei englischen oder amerikanischen Online-Shops per Kreditkarte zu bezahlen. Was die Sache damals in der Tat leichter machte. In Deutschland etwas Online zu kaufen war damals mangels Angebot schwierig.

Allerdings hatten die Sparkassen Volks- und Raiffeisenbanken und auch die Postbank – damals noch nicht in der Hand der Deutschen Bank – darauf Anfang 2006 mit dem Start von Giropay bereits reagiert. Darüber berichtete damals auch das Handelsblatt („Banken starten neues Verfahren: Giropay soll Bezahlen im Netz einfacher machen“, 13.2.2006). Naja, zitiert das Handelsblatt einen Händler: Giropay wäre auch jetzt noch „gut vermarktet eine gute Lösung“.

Langsam, aber dafür richtig…

Dass sich das Handelsblatt allerdings über die Vorgehensweise wundert, dass die Sparkassenorganisation vor dem großen Start für ein Projekt dieser Größenordnung erst einmal eine Testphase einplant, mag dann schon verwundern. Die Sparkassen sind ja erst im April in das Projekt eingestiegen. Und wer ernsthaft denkt, dass sie innerhalb von acht Monaten komplett am Start sein könnten, weiß nicht viel über solche Projekte – und noch weniger von der eher verhaltenen Vorgehensweise der öffentlichen Häuser.

Fazit: Naja, lass sie reden…

Wir denken dabei einfach: Warum haben die Sparkassen eigentlich mit Abstand am meisten Kunden (50 Mio) in Deutschland, gefolgt von den Genossenschaftsbanken (30 Mio)? Ganz sicher nicht, weil sie es immer besonders eilig haben. Vielleicht ist ja das genaue Gegenteil der Grund: Weil sie eben so vorsichtig und risiko-avers sind wie ihre Kunden…

So gesehen dürfte sich – außer dem Handelsblatt – wohl auch kaum ein deutscher Bankkunde wirklich daran stören, wenn er seine Weihnachtseinkäufe in Online-Shops noch nicht mit Paydirekt bezahlen kann. Wie man im genannten Handelsblatt-Artikel lesen kann, komme das ja auch den Händlern entgegen…

Was man dabei vielleicht auch noch erwähnen könnte: Laut einer Meldung des auch vom Handelsblatt zitierten EHI Retail Institut war der eigentliche Marktführer beim Bezahlen von Online-Einkäufen im Jahr 2012 mit 25,8% der klassische „Kauf auf Rechnung“. Wie sieht das Verhältnis in 2014 aus? Genauso: Die Tradition führt nach wie vor mit 25,5%. Also warum die Eile?

Naja, aber immerhin hatte das Handelsblatt in der Saure-Gurken-Zeit etwas zu melden – und konnte ein wenig über die Sparkassen herziehen. Wem das allerdings nützen soll und wem es dient? Darüber müsste man einmal nachdenken…

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