claim von gute-banken

Geld ist nicht alles - weniger Geld auch nicht: Das doppelte Flüchtlingsproblem der Deutschen Bank.

Duplizität der Ereignisse: In der WELT („Deutsche Bank: Ökonom schlägt Billiglohnsektor für Flüchtlinge vor“, 28.1.16) doziert der Chefvolkswirt der Deutschen Bank vor sich hin: "Es gibt keinen Grund, warum es nicht auch in Deutschland Billigproduktion geben kann“. Für wen? Natürlich: Für Flüchtlinge… Ach nein! Drollig daran ist: Am selben Tag zeigt die Süddeutsche, dass die Deutsche Bank ihr eigenes Flüchtlingsproblem hat …

Der Chefvolkswirt erklärt auch gleich schlau, warum man den Mindestlohn mit einer Sonderregelung aushebeln müsse. "Das Kernproblem bei der Integration der Flüchtlinge“ sei ja: Sie müssen Arbeit finden und der Mindestlohn hindere eben viele daran.

Das ist natürlich sehr vorausschauend. Aber zum Arbeiten braucht man erstmal eine Arbeitserlaubnis . Und vorher eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Duldung. Und auch dann ist das nicht so einfach:

Eine Arbeitserlaubnis wird z.B. laut der IHK Berlin („Erteilung einer Arbeitserlaubnis“ Stand 1.7.15) in der Regel erteilt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen (§ 39 AufenthG):

  • es liegt ein konkretes Arbeitsplatzangebot vor
  • durch die Beschäftigung von Ausländern ergeben sich keine nachteiligen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt
  • bevorzugte Arbeitnehmer (Deutsche, EU-Bürger, Bürger aus den EWR-Staaten) stehen nicht zur Verfügung.
  • ausländische Arbeitnehmer werden nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Wartefrist für die Arbeitserlaubnis verkürzt sich zwar laut der GGUA Flüchtlingshilfe in Münster von bisher neun bzw. zwölf Monaten auf die ersten drei Monate des Aufenthalts – allerdings besteht dann für beide Gruppen trotzdem „grundsätzlich ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang, d. h. weiterhin muss für eine konkrete Beschäftigung eine Erlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragt werden, die wiederum die ZAV (Agentur für Arbeit) um Zustimmung an fragen muss. Die Vorrangprüfung, ob es andere gibt, die den Job auch machen wollen würden, entfällt übrigens erst nach 15 Monaten.

Ja, und nachdem das alles so kompliziert ist, würde der Banker das Ganze eben mit Geld regeln: Man würde den Flüchtlingen einfach weniger Geld geben. Ha! So könnte man die Menschen total gut integrieren – aber nur wenn es den Homo Oeconomicus geben würde…

Ausserdem gibt es für eine Anstellung ja noch eine andere Voraussetzung: EIn eigenes Bank-Konto. Und das bekommen Flüchtlinge vor allem bei regionalen Banken - Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Das Ganze hat allerdings einen geringfügigen Haken: Mal ganz abgesehen von diesen technischen Feinheiten ist das Konzept des Chefvolkswirts David Folkerts-Landau insofern nicht praktikabel, weil es durch das Erweitern der Gruppen der Gut-  und Schlecht-verdienenden und dem sogenannten „Prekariat“ (eines der übelsten Worte seit Jahren) nach der noch jungen Einführung des Mindestlohns wieder eine Gruppe einbauen würde: Die am wenigsten von allen Verdienenden. Also kurz vor der Sklavenarbeit. Das wäre eine tolle Ingetration die am Ende gar nicht integriert und teilhaben lässt, sondern ausgrenzt. Man würde also das Gegenteil  von dem erreichen, was sie - das unterstellen wir dem Banker jetzt mal - eigentlich will. Aber es war wie immer wundervoll rational hergeleitet…

Drollig: Die Deutsche Bank hat selbst ein Flüchtlingsproblem…

Das erinnert uns nun ein wenig an ein anderes Flüchtlingsproblem, mit dem der Chef der Deutschen Bank John Cryan laut der Süddeutschen Zeitung („Deutsche Bank Deutsche Bank gegen die Söldnermentalität“, 28.1.16) zu kämpfen hat. Die Deutsche Bank will ihren Mitarbeitern die Boni kürzen. So dass sie also auch für so etwas wie einen Billiglohn arbeiten müssten. Das wollten sie aber halt nicht und würden deshalb im Zweifelsfall wieder gehen. Also fliehen. Sich quasi desintegrieren.

Nun müsse es Cryan, so die Süddeutsche, gelingen, „die besten Mitarbeiter zu halten, obwohl er nicht die besten Konditionen bieten kann“. Dazu müsse er den „alten Korpsgeist der Deutschen Bank wiederbeleben“, der sich „auf dem Selbstverständnis basierte, mit großem Intellekt das Beste für die Privat-, aber vor allem die Firmenkunden herausholen zu können.“ Was übrigens eine schöne Formulierung ist.

Fazit? Naja… 

Nun brauchen Flüchtlinge für die Integration erstmal keinen alten Korpsgeist. Es genügt, wenn sie ein Umfeld haben, in dem sie in Frieden leben können. Und dieses Problem lässt sich mit der Einführung eines Billiglohns ebenso wenig lösen wie das eigentliche Problem von Cryan sich mit höheren Boni lösen ließe…

Und mal im Ernst: Warum sollte das mit dem "weniger Geld verdienen als andere" bei den Flüchtlingen klappen, wenn es scheinbar auch bei den Investment-Bänkern schon nicht richtig klappen will?

Nein: Integration und Freiheit bedeuten ganz bestimmt nicht in erster Linie soviel wie: Hauptsache man arbeitet – egal ob für viel oder wenig Geld. Das hatten wir schon mal…

weitere Einträge

Kommentare

Kommentar schreiben

Bleiben Sie bitte sachlich und themenbezogen in Ihren Beiträgen und unterlassen Sie bitte links- und rechtsradikale, pornographische, rassistische, beleidigende und verleumderische Aussagen.