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Eigenkapitalrendite von Banken. Oder: Gewinn ist relativ.

Am Dienstag, den 25.5.2010 war in der Süddeutschen unter dem Titel „Gewinn ist gut – Schäubles Kritik an Ackermann trifft nicht“ ein Kommentar von Harald Freiberger zu lesen. Dieser Kommentar steht exemplarisch für zwei Dinge: Erstens die vom wirklich relevanten Thema ablenkende Diskussion über Eigenkapitalrenditen von 25%. Und zweitens für die bereits besprochen Deppenkultur der Medien, die nicht mehr anders denken kann als in bankrelevanten Zahlen...

 Spurensuche: In seinem Kommentar bezieht sich der Autor auf die zwei Tage vorher von Schäuble formulierte Überlegung, dass eine "Rendite von 25 Prozent", wie Ackermann sie für angemessen halte, von einem produzierenden Unternehmen nicht zu leisten sei. Daraus, so Schäuble, sei zu schließen, dass der Finanzmarkt sich nur noch um sich selbst dreht, statt seine Aufgabe zu erfüllen und eine vernünftige, nachhaltig wachsende Wirtschaft zu finanzieren. Das wolle Schäuble ändern. Falsche Prämisse, richtiger Schluss?

Wie viele andere haut Freiberger drauf:  Freiberger, der übrigens noch am 20.11.2009 im Tagesanzeiger und der Süddeutschen unter der Überschrift „Ohne Gewinn ist alles nichts“ ein sehr freundliches Interview mit Ackermann führte (das übrigens auch die Deutsche Bank selbst mit einem lachenden Porträt von Ackermann im Internet ausstellt), haut in seinem Kommentar wie viele andere drauf und nimmt Ackermann in Schutz:

„Sind 25 Prozent Eigenkapitalrendite zu viel? Das Ziel ist ambitioniert, wird allerdings auch von anderen Großbanken erreicht. Und selbst produzierende Unternehmen, da irrt Schäuble, kommen oft über die 25 Prozent, wenn sie nicht gerade in einer Krise stecken.“

Ach so, dann heißt das also auf deutsch: Schäuble und Ihr alle da draußen: Stellt Euch nicht so an, 25% Prozent Eigenkapitalrendite sind völlig normal.

Wozu dient diese Diskussion eigentlich – und werden hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen?

Wir immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Schlimm genug, dass auch wir hier über Zahlen sprechen müssen. Aber in diesem Fall geht es nicht anders. Also, beginnen wir mit der Frage, ob produzierende Unternehmen solch eine Rendite oft erreichen oder nicht. Und wenn ja, dann wann. Und stellen wir gleichzeitig die Frage, wozu die Betrachtung von Eigenkapitalquoten eigentlich dient. Es ist im Grunde eine müßige Diskussion, aber dennoch:

Eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) von Januar 2003 sagt zum Thema, dass Unternehmen, von denen im „breiten“ Mittelstand realistischerweise Eigenkapitalrenditen von 20% und zum Teil deutlich mehr erwartet werden können, „seltene Perlen“ wären:

„Derartige Renditen sind vom „breiten“ Mittelstand i.d.R. nicht zu erwirtschaften. Dafür kann er aber meist mit einer langjährig zumeist stabilen Ertrags- und Umsatzentwicklung aufwarten.“

Jetzt muss man aber gleich weiterlesen. Denn beachtlicherweise veröffentlichte dieselbe KfW im November 2009 – also nur sechs Jahre später - einen „Standpunkt“ zum Thema „ Hohe Eigenkapitalrenditen auch im Mittelstand?“, in dem sie das Gegenteil behauptet:

Die Ergebnisse unserer Untersuchung belegen, dass: erstens, 25 % Eigenkapitalrendite vor Steuern für ein mittelständisches Unternehmen außerhalb von Krisenzeiten nicht ungewöhnlich sind; zweitens, eine niedrige Eigenkapitalquote zwar die Chance auf eine hohe Rendite erhöht, aber auch das Risiko einer größeren Krisenanfälligkeit birgt; (...)Damit ist diese Zielmarke weniger ambitioniert, als sie oft eingeschätzt wird – insbesondere für Unternehmen mit relativ geringer Eigenkapitalausstattung.“

Ja, was denn nun? Hat sich die Welt in den letzten 10 Jahren so massiv verändert? Oder wird heute nur anders gedacht und gerechnet?

Der Wert und der Trick dabei

Fassen wir einmal kurz zusammen: Die Eigenkapitalrendite berechnet sich aus zwei Werten: Dem Eigenkapital des Unternehmens – oder eben der Bank – und zweitens dem Gewinn, den das Unternehmen innerhalb eines Jahrs erzielt. Beispiel: Die kleine Firma Meier hat ein Eigenkapital von sagen wir zehn Euro. Sie macht in einem guten Jahr einen Gewinn von sagen wir Zwei Euro fünfzig. Damit hat die Firma Meier also eine Eigenkapitalrendite von fünfundzwanzig Prozent. Denn Zwei Euro fünfzig sind fünfundzwanzig Prozent von zehn Euro. Soweit klar? Gut!

Nun wird’s interessant: Denn durch diese einfache Rechnung kann man erkennen, dass ein Ziel von 25 Prozent Eigenkapitalrendite eine äußerst alberne Angelegenheit und ein dehnbarer Begriff ist. Denn der Wert lässt sich ja nicht nur durch einen schönen hohen Gewinn erreichen, sondern auch durch die Reduzierung der Eigenkapitalquote. Also nehmen wir nochmal die Firma Meier – um bei ihrer Bank einen Kredit zu bekommen, will sie eine Eigenkapitalrendite von sagen wir dreißig Prozent erreichen. Dazu müsste sie eigentlich versuchen, ihren Gewinn auf drei Euro zu erhöhen. Wenn sie das nicht schafft, macht das nichts. Denn sie könnte dann ja einfach ihr Eigenkapital von zehn Euro auf sieben Euro fünfzig  reduzieren. Dann hätte sie tatsächlich eine Eigenkapitalrendite von dreißig Prozent – ohne dass sich ihre Geschäftslage verändert hat.  Und genau das macht die Sache so albern.

Gutes, schlechtes Eigenkapital!

Noch alberner wird die ganze Rechnerei, wenn man bedenkt, dass in den letzten Jahren eine der größten Schwächen des deutschen Mittelstandes beklagt wurde - raten Sie welche .... genau: Eine der größten Schwächen des Mittelstandes ist seine geringe Eigenkapitalquote.

Das heißt auf deutsch: Wenn die Firma Meier sich solider aufstellen will und deshalb ihr Eigenkapital von zehn Euro auf sagen wir zwanzig Euro erhöht und dabei einen Gewinn von zwei Euro fünfzig macht, hat sie plötzlich eine Eigenkapitalrendite von zwei Komma fünf geteilt durch zwanzig. Und das macht dann eben nur noch zwölf Komma fünf. Dann wäre sie zwar solider aufgestellt, hätte aber nicht mehr so viel Spaß beim regelmäßigen Gespräch mit der Bank.

Die Sparkassen schlagen zurück!

Es stellt sich die Frage: Worum geht es bei all dieser Rechnerei nun eigentlich? Um Eigenkapitalrenditen als höchstes Ziel oder um die Frage, wie ein Unternehmen auf die Dauer bestehen kann? Oder gar um die Frage, ob die Banken für die Menschen und die Unternehmen oder die Menschen und die Unternehmen für die Banken da sind? Und wie sollte sich eine Bank denn eigentlich verhalten?

Interessanterweise meldete sich Heinrich Haasis, Präsident des

Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV Sparkassenorganisation im Januar 2009 mit der Pressemeldung „Kundenzufriedenheit wichtiger als Eigenkapitalrendite“ zu Wort:

„Im Rahmen der Vorstellung der neuen Geschäftsstrategie betonte Haasis, dass die Sparkassen nicht wie andere in der Vergangenheit Höchstrenditen nachgejagt wären. „Maximale Renditen sind nur in virtuellen Finanzgeschäften ohne Kunden zu erreichen. Das war nie unser Geschäftsmodell.“ Die Eigenkapitalrendite sei eine von der Kreditwirtschaft oft überbewertete Kennziffer gewesen. Dies habe sich nicht zuletzt durch die Finanzkrise bitter gerächt. „Um das Verhältnis zwischen operativem Gewinn und bilanziellem Eigenkapital zu beeinflussen, haben manche Marktteilnehmer Substanz abgebaut. Außerdem besteht die Gefahr, Risiken nur um einer höheren Eigenkapitalrendite willen einzugehen. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen der Finanzkrise. Beides ist falsch, beides wollen wir nicht (...)Zu Recht haben die Kunden aber die Erwartung, dass sie im Mittelpunkt aller Entscheidungen von Kreditinstituten stehen. Die Kreditwirtschaft ist eine dienende Branche, diesen Aspekt werden Sparkassen wieder ganz stark betonen.“

Fazit: Wer nur Zahlen sucht, findet auch nur Zahlen

Was bleibt hier zu sagen?  Sicherlich nur, dass diese von den Medien gerne befeuerte Diskussion über Eigenkapitalrenditen und ihre Höhe im Grunde nur Ablenkungsmanöver sind, die vom eigentlichen Thema ablenken (sollen). Und dieses eigentliche Thema ist: Wer dient hier noch wem – und muss man sich an diesem Spiel unbedingt beteiligen?

Fragen Sie Ihre Bank, ob ihr die Eigenkapitalrendite oder die Kunden am wichtigsten sind. Fragen Sie Ihren Banker, welche Rendite Ihre Bank in den letzten 10 Jahren erwirtschaftet hat. Und fragen Sie, wie hoch die Anteile von Kreditgeschäft und Investment Banking bei Ihrer jeweils Bank ausfallen. Wenn Ihre Bank nicht nur Geld einsammelt, sondern auch welches verteilt, hat sie ein hohes Eigenkapital, aber eine geringere Eigenkapitalrendite. Fragen Sie sich, was Ihnen lieber ist.

Übrigens: In dem bereits erwähnten Interview mit Ackermann nimmt Freiberger auch Bezug auf Ackermanns Vorgänger Hermann-Josef Abs, den altehrwürdigen Bankvorstand, der  vor 35 Jahren geschrieben haben soll: "Wie der Mensch nicht nur da ist, um zu atmen, so betreibt er auch nicht seine wirtschaftliche Tätigkeit nur, um Gewinn zu machen." Freiberger fragte Ackermann: Gilt das auch noch heute für die Deutsche Bank? Ackermann antwortete: „Selbstverständlich. Gewinn ist nicht alles. Aber ohne Gewinn ist alles nichts (...).

Was Ackermann offen lässt: Gewinn ist relativ: Wieviel darf und muss es denn sein?

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