Focus Money entdeckt die Region. Oder: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche...
Auf den ersten Blick klingt es so richtig schön erfreulich: Focus Money führt einen CityContest für Banken durch. Und am Ende wird unter anderem die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam zur besten Bank in ihrer Region gekürt. Was sie sicher auch verdient hat. Aber Obacht: Warum entdeckt Focus Money jetzt die Region?
Sie können es nicht lassen: Ohne Superlative und Noten geht es für sie nicht. Das (Denk-)System, das immer nur Wachstum und Hochleistung auf Teufel komm raus forderte, hat sich nicht verändert. Wäre die Finanzkrise nicht so sehr, sehr, sehr in den Blickpunkt aller gerückt, hätte Focus Money sich dann von der großen Welt abgewendet und begonnen, in die Region zu sehen?
Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....
Deine Sprache verrät Dich ...
In diesem Fall muss man nicht allzu tief graben, um festzustellen, dass immer noch derselbe Geist ihre Sprache prägt. Im Focus Money City Contest (Heft 2/ 2010) heißt es so richtig schön glaubwürdig:
„Seit der Finanzkrise ist es schwer geworden, gute Banken zu finden – insbesondere in Kleinstädten.„
Mal genau hingucken. Wieso ist es seit der Finanzkrise besonders in Kleinstädten schwierig geworden, gute Banken zu finden? Kleinstädte haben die Großbanken eh nie besonders interessiert. Es sei denn, sie hatten eine extrem hohe Kaufkraft oder Millionärsdichte.... aber es geht noch weiter:
Zu viele Banken in Deutschland. Bleibt die Qual der Wahl. Laut Bundesbank-Statistik offerieren hierzulande 41554 Bank-Zweigstellen ihre Dienste. Nicht alle machten jüngst einen vertrauenswürdigen Eindruck. Die weltweite Finanzkrise ließ selbst das traditionsreiche Privatbankhaus Sal. Oppenheim scheitern. Es musste aus Kapitalnot unter die Fittiche der Deutschen Bank flüchten.
Ach ja, Focus Money braucht nie besonders lange, um die Deutsche Bank zu erwähnen. Und sich der bekannten Denkweise zu bedienen. Aber Obacht: Zu viele Banken gibt es in Deutschland nur aus der Sicht der Großbanken. Denn die schielen bekanntlich auf diejenigen, die nach wie vor die großen Markanteile halten.
Bankenstudie – Studie für Banken
Es geht noch weiter:
Wem also können sich Bundesbürger mit ihren Ersparnissen und Geldsorgen noch anvertrauen, wessen Ratschläge in Finanzangelegenheiten können sie getrost annehmen? Gefragt sind mehr Transparenz, mehr qualifizierte und kundenorientierte Beratung sowie langfristige Sicherheit. So die Studie „Global Private Banking and Wealth Management Survey 2009“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers.
Also mal im Ernst: Allein schon der Name dieser Studie ist ein Grund, das Lesen aufzuhören. Blickt man in diese frei erhältliche Studie hinein, dann sieht man, worum es hier geht. Die Studie wurde nicht für die Kunden gemacht, sondern für die Banken. Es geht in der Studie lediglich um die Frage, wie man als Bank trotz der Krise Geld verdienen kann. Hier ein kleiner Absatz aus Seite 3
Wealth managers will increasingly look to introduce new revenue models that are more predictable over the long term by replacing commissions with service charges and fees. Such changes will be challenging, but managing revenues in this way will help avoid making deep cuts in times of market distress.
Darum geht es also in Wahrheit: Geld verdienen. Und dabei hilft Focus Money gerne. Wenn’s sein muss auch durch ein wenig mehr Volksnähe und regionalen Bezug. Aber bitteschön ohne dabei die Superlative zu vergessen.
Die Spreu vom Weizen trennen
Was sagt man dazu, plötzlich hört sich das alles so richtig kritisch an:
In Zeiten, da viele reichlich Vertrauen ins Bankensystem, in die Staatsfinanzen und das Geld als Wertaufbewahrungsmittel verloren haben, ist es wichtiger denn je, die besten Berater zu finden. Wer will nicht wissen, wo er in seinem näheren Umfeld noch vertrauenswürdige und qualifizierte Anlagetipps bekommt? Solche Fragen lassen sich schwer beantworten, wenn Fusionen, Pleiten, Stellenabbau, Filialschließungen und Kompentenz-Konzentrationen in weit entfernte, anonyme Zentralen an der Tagesordnung sind.
Reichlich Vertrauen verlieren. Ein herrlicher Widerspruch. Absicht oder Freudscher Schlüpfer?
Mystery Shopping
Egal. Hauptsache, man weiss, worum es geht ....
Um die Spreu vom Weizen im Geldgewerbe zu trennen, nimmt FOCUS-MONEY zusammen mit der Unternehmensberatung Nielsen+Partner und dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) über das ganze Jahr 2010 bundesweit Bankfilialen unter die Lupe. In bis zu 250 Städten. (...) Die Beurteilung der dort angebotenen Finanzdienstleistungen und Produktlösungen erfolgt nach insgesamt fünf Hauptkriterien: Terminierung, Atmosphäre, Kundengerechtigkeit, Sachgerechtigkeit und Nachbetreuung.
Also mal ganz nüchtern gesprochen: Focus Money schickt gemeinsam mit einem Marktforschungs-Institut verdeckte Tester in die Filialen – die Tester haben gewissermaßen als Qualitätsausweis alle mindestens drei Jahre selbst in Banken gearbeitet. Und dann wird ein Fall auf alle Banken ausgeschüttet. Es gibt einen Fragebogen mit über 100 Kriterien, die natürlich nicht während des simulierten Beratungsgesprächs (sogenanntes Mystery Shopping), sondern danach von den Testern ausgefüllt werden.
Heraus kommt ein statistisches Puzzle. Hatten wir schon erwähnt, dass wir von dieser Methode nichts halten?
Fazit:
Ein schlechtes Denksystem wird durch eine neue Ausrichtung nicht besser. Superlative, Mystery Shopping, Statistik und die Nutzung von Studien, die sich für den Kunden nur instrumentell interessieren, sind das alte Lied. Und genau diese Melodie sollten wir uns einfach nicht mehr anhören oder singen.
Wohlgemerkt: Die mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam ist ganz bestimmt eine sehr gute Bank. Aber sie ist doch nicht dadurch gut, dass Focus Money sie für gut erklärt! Sondern eben dadurch, dass sie ihren Kunden und Zielen verpflichtet ist.
Was können wir tun? Wir können unseren Banker fragen,
- was er von solchen Tests hält
- ob solche Tests in der Regel etwas bringen – und wenn ja dann was
- ob die Bank selbst Kundenzufriedenheitsbefragungen durchfürht
- ob die Bank schon einmal getestet wurde und wie das Ergebnis des Mystery Shopping mit dem Ergebnis der eigenen Kundenbefragung zusammen passte
Wenn uns die Antworten gefallen, können wir bei der Bank bleiben. Wenn nicht? Dann nicht!
Was können Sie sonst tun? Nun, zum Beispiel einfach
- unsere Seiten in Facebook und im Web an ihre Freunde und Bekannten weiterempfehlen-
- Ihre Bank auf unserer Website bewerten.
Das würde allen helfen. Und ganz ehrlich: uns auch!
Kommentar schreiben