claim von gute-banken

Welt am Sonntag: Sparkassen und Volksbanken als sichere Alternative.

Oder: Versuch macht kluch...

 

 

Mit einer schönen – weil positiv klingenden Headline machte die Welt am Sonntag den 29.08.10 einen Artikel auf:  „Sparkassen besser als Banken - Studie sieht sie beim Service vorn. Beratung insgesamt durchwachsen.“ So heisst es in der Überschrift. Und dann geht es auch gleich weiter – nur wird der Klang ein wenig bitterer und die Kategorien werden ein wenig unschärfer ...

 

Ja, so ist das: Man freut sich ja heutzutage schon, wenn man aus den großen Medien mal eine positive Meldung über die Art von Banken lesen kann, die sich weniger dem Finanzmarkt und ihren Aktionären als dem Wohlergehen der Menschen und Unternehmen in ihren Regionen verschrieben haben. Leider ist so etwas nicht zu finden. Stattdessen wird lustig drauflos getestet oder Bilanzsummen und Eigenkapitalrenditen verglichen - wie bei Jungs – wenigstens angeblich - bestimmte Körperteile miteinander verglichen werden.

 

Was ist also nun genau hinter dem Artikel der Welt am Sonntag zu finden? Oder um im Bilde zu bleiben: Wie „groß“ ist das besprochene Thema wirklich?

 

Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....

 

Präsentieren oder repräsentieren

 

Der Text des Artikels in der Welt am Sonntag (29.08.10) beginnt mit einer fast richtigen Aussage: Seit Ausbruch der Finanzkrise vor zwei Jahren, so ist dort zu lesen, „versuchen sich Volksbanken und Sparkassen als sichere Alternative zu Privatbanken zu präsentieren.“

 

Wir können da nur sagen: Doppelter Einspruch:

 

Erstens „versuchen“ die Volksbanken und Sparkassen das viel zu wenig. Und zweitens sind sie es in der Wahrnehmung der Menschen bereits. Sie präsentieren nicht, sondern repräsentieren nach wie vor den größten Markanteil. So schrieb z. B. das Handelsblatt am 3.11.2009 unter der bemerkenswerten Headline „Deutsche Bank attackiert Sparkassen“, die Deutsche Bank richte sich vor allem darauf aus, im Privatkundengeschäft den Sparkassen und Volksbanken Marktanteile abzunehmen, „die bisher rund 80 Prozent der Privatkunden in Deutschland bedienen.“

 

Zweitens waren es auch die Sparkassen und Volksbanken, deren ausgereichtes Kreditvolumen an Bürger und mittelständische Unternehmen in dieser Zeit gewachsen ist: Laut einer Meldung der Sparkassenorganisation vom 18.5.2010 heisst es:

 

Erhebungen der Bundesbank zufolge schrumpfte das von Großbanken an Unternehmen und Selbständige ausgereichte Kreditvolumen im vergangenen Jahr um etwa 5,5 Milliarden Euro auf 177 Milliarden Euro. (...) Dagegen hätten die Sparkassen das Volumen ihrer Darlehen an diese Gruppen im selben Zeitraum um 9,6 Milliarden Euro auf 306,9 Milliarden Euro gesteigert.

Zwei Monate vorher, am 9.3.2010 konnte man ergänzend bei Finanznachrichten.de lesen:

Bei der Kreditvergabe an Gewerbekunden - also an wirtschaftlich Selbstständige - kommt mittlerweile mehr als jeder vierte Euro oder 27,1 Prozent von den Volksbanken und Raiffeisenbanken. Vor zehn Jahren lag dieser Marktanteil noch bei 22,5 Prozent.

 

Soviel zu der Frage, ob Sparkassen und Volksbanken eine sichere Alternative sind – bzw. sich als solche zu „präsentieren versuchen“.

 

Der Kategorienfehler

 

Die eigentliche Agenda des Artikels in der Welt am Sonntag scheint klarer zu werden, wenn man ein wenig weiter liest:

 

Gegenüber den Kunden, die vergessen haben, dass etwa die Hamburger Sparkasse zu den eifrigsten Verkäufern von Zertifikaten der US-Pleitebank Lehman Brothers gehört hatte, könnte dies (die Präsentation als sichere Alternative) sogar gelingen.

 

Das mit den Assoziationen ist eine prima Sache: Das menschliche Gehirn ist darauf ausgelegt, den Weg des geringsten Widerstand zu gehen. Man versteht also immer das, was man zu verstehen scheint – was einem zu einem Wort einfällt. Aber dennoch: Was ist an dieser so plausibel scheinenden Aussage seltsam? Die Antwort lautet: Hier wird die Hamburger Sparkasse AG bzw die Haspa Finanzholding als typische Sparkasse genannt. „Ist ja auch eine, oder?“ würden nun vielleicht viele sagen. Das wäre aber sachlich nicht ganz richtig.

 

Die Haspa

 

Die Hamburger Sparkasse AG gehört zu den wenigen sogenannten „freien öffentlichen Sparkassen“  und ist auch in deren Verband Mitglied. Augrund ihrer besonderen Stellung gehört sie zu den wenigen Sparkassen die ohne Einlage der Stadt gegründet wurden. Dass sie mit ihren diversen Tochtergesellschaften ein wenig anders tickt als die anderen Sparkassen, erkennt man auch an ihrer schieren Größe:

 

Haspa Geschäftsbericht März 2010:

 

Allein im Jahr 2009 konnten wir weitere 75.000 Neukunden gewinnen. Bei Kreditvergabe und Kundeneinlagen verzeichneten wir ein sehr starkes Wachstum. (...)Die Haspa führt inzwischen mehr als 1,2 Millionen Girokonten.

Mag sein, dass sie auch wegen dieser absoluten Größe so sehr in den Fokus der Medien geriet.

 

Lehman-Zertifikate

 

Mag auch sein, dass sie deshalb unter den Sparkassen immer als Ohrfeigengesicht für Lehman-Zertifikate herhalten musste. Verschiedenen unbestätigten Meldungen zufolge hatte sie an insgesamt 3700 Kunden Lehmann-Zertifikate verkauft. Wie man weiß, hatte sich Lehman zu heftig bei Verbriefungen im Suprime-Markt „vertan“ und ging Pleite. Wenn das ausgebende Institut der Zertifikate auf Null geht, sind die Schuldverschreibungen nichts mehr wert. Was noch 1 Jahr vorher keiner der Finanzmarkt-Hörigen geglaubt hätte, trat ein: Totalverlust! Späte Einsicht: Man hätte also am besten gar keine Zertifikate kaufen / verkaufen sollen....

 

Die Gerichtsurteile

 

Viel wurde über die Welle des Unmuts geschrieben, die über die Haspa niederging. Nachdem sie zunächst von verschiedenen Landesgerichten zur Zahlung von Schadenersatz an gutgläubige und finanzmarktorientierte Kunden gezwungen werden sollte, hob das Oberlandesgericht diese Urteile am 24.2.2010 wieder auf. Argumentiert und gerichtet wurde bei den Urteilen interessanterweise nicht der eigentliche Verkauf der Zertifikate – da stellen sich die Gerichte auf den Standpunkt, dass jeder selbst wissen muss, was er mit seinem Geld macht. Vielmehr ging es sowohl bei den Urteilen gegen die Haspa als auch beim diese Urteile kassierenden Urteil des Oberlandesgerichts nur um die Frage: Hat die Haspa eine etwaige Provision, die von Lehmann an sie als „Kickback“ bezahlt worden sein könnte, den Kunden nicht mitgeteilt, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wäre? Wie heißt es so schön: Vor Gericht und auf hoher See ... Die Haspa konnte diesen Punkt insofern widerlegen, als es sich bei den Gewinnen, die beim Verkauf der Zertifikate an Kunden nicht um Provisionen, sondern um Margen handelte – die Bank kauft selbst etwas und verkauft es dann wie ein normaler Händler mit Gewinn weiter. Und Margen sind nicht ausweispflichtig. Sie gehen niemanden etwas an. So sagt man.

 

Diese Feinheit muss man aber nur dann verstehen, wenn man grundsätzlich an spekulativen Spielen am Finanzmarkt interessiert ist. Allemal wartet man jetzt erstmal auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Man darf gespannt sein, was bei dieser Entscheidung auf welche Weise interpretiert wird.

 

Ach so, die Studie..

 

Soviel also zur Haspa, den Lehman-Zertifikaten und all dem, was man so in den großen Medien lesen kann. Nun kommen wir also noch kurz zu der Banken-Studie, über die der Artikel in der Welt am Sonntag so süffisant sprach.  Hier handelte es laut Welt am Sonntag um...

 

„...eine Studie des Deutschen Instituts für Service-Qualität. (...) Im Gesamtergebnis kamen die Berliner Volksbank und die Berliner Sparkasse auf Platz eins und zwei. Insgesamt sind in der oberen Hälfte der Rangfolge auffällig viele Sparkassen und Genossenschafts-Institute.

 

Auch hier bietet es sich an, genauer hinzusehen. Betrachtet man nämlich die vom

Genannten „Deutschen Institut für Servicequalität“ herausgegebene Studie „Service bei Filialbanken (August 2010), wird einem manches klar:

 

Das Marktforschungsinstitut untersuchte insgesamt 15 Kreditinstitute. Dabei wurden neben den sechs größten überregional tätigen Filialbanken die jeweils drei größten Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparda-Banken in den Städten Berlin, Hamburg und München analysiert.

Aha: Berlin, Hamburg, München. Wenn wir die drei größten Städte messen, wird’s schon repräsentativ sein. Ist es vielleicht sogar. Allerdings nimmt es bei einer Verteilung von 9 zu 6 (also 9 Sparkassen und Volksbanken und 6 Privatbanken wohl kaum Wunder, dass die Sparkassen und Volksbanken auffällig oft in der oberen Rangreihe zu finden waren. Die geringste Punktzahl erhielten in der Studie übrigens die Postbank und die Targobank. Die deutsche Bank ging noch als „befriedigend“ durch.

 

Fazit:

Der Artikel in der Welt am Sonntag war nun in dem was er schrieb, nicht besonders substanzreich. Allerdings lohnte es sich schon, sich das Geschriebene einmal genauer anzusehen. Denn nur wenn man tiefer gräbt, dann stellt man fest, wie oberflächliche Betrachtungen das System Großbank und Finanzmarkt weiter unterstützen. Denn ganz offenbar traut die Welt am Sonntag den Sparkassen und Genossenschaftsbanken genau das nicht zu, was sie allein schon aufgrund ihrer Satzungen und ihrer Gesellschafterstruktur tun: Einen anderen Begriff von Qualität zu pflegen. Und diesen Begriff kann man eben nicht mit ein paar Mystery Shopping-Tests sichtbar machen. Sondern mit einer Denkweise, die das Geld nicht mehr in den Vordergrund stellt, sondern ihm und den Banken das zuweist, was ja kürzlich sogar Schäuble als die „dienende Funktion“ bezeichnete. Und dass wir uns dafür aussprechen, sollte ja bekannt sein.

 

Natürlich gilt auch hier die Prämisse, die unser Freund und Leser Björn einmal so schön formulierte: Die Unterscheidung zwischen Risiko / kein Risiko gibt es nicht. Nur die Unterscheidung zwischen Risiko und Gefahr. Das kann man jederzeit unterschreiben!

 

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