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Warum die Deutsche Börse die Lust auf Kleinaktionäre verloren hat.

Manchmal sind es die kleinen Meldungen, in denen am meisten drinsteht: Wie das ManagerMagazin („DEUTSCHES AKTIENINSTITUT: Deutsche Börse hat keine Lust mehr aufs DAI“, 27.9.13) meldet, wolle die Deutsche Börse AG als Mitglied und bisher wohl stärkster Förderer des Deutschen Aktieninstituts (DAI) seine Förderung nun stark reduzieren. Man sei mit der Arbeit des Instituts schlicht „seit langem unzufrieden“. Nun könnte man sagen: Wen juckt’s. Allerdings wird die Sache schon interessant, wenn man ein wenig tiefer gräbt…

 

Die Verbindung zwischen der Deutschen Börse und dem DAI ist gewissermaßen historisch. Zum Einen, so das ManagerMagazin, habe man dort Mitte der 90er seinen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden untergebracht. Zum anderen seien beide Institutionen, so heißt es weiter, „dem hehren Ziel verpflichtet, die Aktienkultur im Lande zu stärken“. Und an diesem Punkt, so scheint es, ist die Deutsche Börse AG mit ihrem Institut nicht so richtig zufrieden. Was nicht verwundern mag. Offenbar gibt es unterschiedliche Ansichten über die Bedeutung des Wortes „Aktienkultur“:

 

-        Laut der Website des DAI geht es, um das Eintreten für „Kapitalmärkte ein, die Unternehmen alle Dienstleistungen bieten, die sie bei der Finanzierung unternehmerischer Vorhaben oder zur Absicherungen von Risiken benötigen.“ Also, um es einmal anders auszudrücken, um eine „Aktienkultur“, die bei denen die Aktionäre der Realwirtschaft dienen.

 

-        "Die Deutsche Börse AG“ so zitiert das ManagerMagazin, fühle sich „der Förderung der Aktienkultur in Deutschland verpflichtet“ und unternehme seit vielen Jahren verschiedene Initiativen in diesem Zusammenhang." Hier scheint es schlicht darum zu gehen, mehr Kleinaktionäre in die Aktie zu treiben, um noch mehr Spielmasse „für die Märkte“ zu generieren.

 

Was ja bekanntlich seit dem Platzen der New-Economy-Blase und der Volksaktie nicht so richtig funktionieren will. Und deshalb, so zitiert das ManagerMagazin einen „weiteren Kritiker“:" Der Verein habe seinen Sinn insofern verloren, als die Emittenten sind nicht auf ihn angewiesen seien. Der Kapitalmarkt brumme ja „auch ohne die deutschen Kleinaktionäre."

 

Na endlich sagen sie es mal so deutlich: Für „die Märkte“ hat sich das dienende Verhältnis umgedreht. Nicht sie dienen den Unternehmen und Menschen (den Kleinaktionären), sondern umgekehrt. Sie sind nichts anderes als Kanonenfutter. Vor diesem fatalen Hintergrund kann man verstehen, dass es der Deutschen Börse AG langsam zu blöd wird. Dabei hatte man doch alles so schön eingefädelt. Man macht sich das nicht klar, wie systematisch „die Förderung der Aktienkultur“ in den letzten 20 Jahren auch medial inszeniert wurde.

 

Das geht damit los, dass wir jeden Tag bei den Nachrichten den Börsenticker sehen oder Börsenberichte hören müssen. Und dass man jeden Tag versucht, uns zu locken. Wer erinnert sich an die Zeiten, als die Börse nur ein Marktplatz für den Handel mit Unternehmensanteilen war – und man bei Interesse die Aktienkurse in der Zeitung nachlas…

 

Hier mal ein kurzer und bruchstückhafter Überblick:

 

1987: Gründung der Telebörse mit Deutsche Bank, Dresdner Bank, DG Bank, BHF-Bank, Commerzbank, DGZ sowie die Verlage Springer, Handelsblatt und Börsenzeitung

 

1991: Erste Ausgabe von Finanztest

 

1992 Umwandlung der Deutschen Börse in Aktiengesellschaft

 

1994: Übernahme Telebörse durch Verlagsgruppe Handelsblatt mit 30 Prozent, die Deutsche Börse AG mit 35 Prozent und das Deutsche Aktieninstitut e.V.

 

1997 Xetra wird gestartet.

 

2000: Erste Ausgabe von Focus Money.

 

Ja so war das.  Man hat wirklich alles mögliche getan, um die Deutschen zu Aktionären zu machen. Und jetzt hat man offenbar die Nase voll von den deutschen Kleinanlegern. Weil sie einfach nicht verstehen wollen, was sie gefälligst tun sollen.

 

Und, so zitiert der Artikel einen Direktor des DAI: Man diskutiere mit der europäischen Finanzaufsicht über „die Regulierung von Derivaten“ oder die Frage, „ob Alpha-Hedging sinnvoll ist“. Aber das seien eben keine „Massenthemen“. Was das Anlocken von Kleinaktionären angehe, so wird der Direktor weiter zitiert, sei es eben so: "In den vergangenen Jahren war die Stimmung unter den deutschen Anlegern einfach nicht so, dass man mit Argumenten für die Aktie hätte durchdringen können."

 

Schon interessant. Oder? Vielleicht müsste man sich einmal fragen, warum die Situation so war, dass die deutschen Anleger keine Lust auf Aktien hatten. Vielleicht läge auch der Königsweg für eine brauchbare Aktienkultur in Deutschland ja, dass sich „die Märkte“ wieder an ihre ursprüngliche Funktion erinnern würden: Das Dienen.

 

Wenn das mal sichtbar der Fall wäre, könnte man gegebenenfalls wieder drüber nachdenken…

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