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Goldman Sachs kauft sich schlau frei. Oder: Die seltsame Geschichte von Fannie und Freddie…

Wie das Handelsblatt („Goldman Sachs zahlt Milliardenbetrag“, 23.8.14) meldet, habe nun auch die Großbank Goldman Sachs einen Vergleich mit den beiden vom Staat geförderten Banken Fannie Mae und Freddie Mac geschlossen. So löst man Geldprobleme…

Kurz gesagt scheint dieser Vergleich so zu funktionieren: Die Deals, wegen derer die Bank (neben 16 anderen Großbanken) verklagt worden war, werden wohl einfach mit einer netten Verzinsung rückgängig gemacht. Der Betrag, um den es in diesem Fall laut Handelsblatt zu gehen scheint, ist gemessen an Forderungen, die Fannie Mae und Freddie Mac an andere Großbanken überschaubar: Während sich wenige Tage zuvor die Bank of America mit der Zahlung von knapp 17 (!) Milliarden Dollar aus der Klage freigekauft hatte, werde Goldmann laut Handelsblatt einfach die vor der Krise munter an die Fannie Mae und Freddie Mac verkauften Verbriefungspakete für insgesamt 3,15 Milliarden (Fannie 1 Mrd, Freddie 2,15 Mrd.) Dollar mit Aufschlag zum derzeitigen Wert zurückkaufen. Da ist natürlich mal wieder eine schlaue Lösung – denn damit zahle Goldman Sachs, so das Handelsblatt, gerade mal 1,2 Milliarden Dollar mehr, als die Papiere derzeit wert seien.

Zum Hintergrund: Diese ganze Geschichte hat einen langen Bart. Um das Ganze einmal kurz zu skizzieren:

1938:

  • Die Hypothekenbank Federal National Mortgage Association, abgekürzt FNMA, ausgesprochen Fannie Mae wird von den USA gegründet. Im Rahmen des New Deal ist Ihr Ziel die Förderung des Immobilieneigentums, der Bauwirtschaft und der allgemeinen Wirtschaftslage in den USA nach der Weltwirtschaftskrise. Also ein hehres Anliegen, das zunächst dadurch umgesetzt wurde, dass Fannie Hypothekenkredite von Banken kaufte, um diese Banken bei der Entwicklung der Wirtschaft zu entlasten.

1968:

  • Das ursprünglich staatliche Institut Fannie Mae wird privatisiert.
  • Nachdem die wettbewerbsgläubigen Amerikaner dieses große Institut nicht ohne Wettbewerb sehen wollten, gründeten sie die ehemalige Federal Home Loan Mortgage Corporation, abgekürzt FHLMC, ausgesprochen Freddie Mac.

1974:

  • Der „Equal Credit Opportunity Act“ definiert, dass bei der Kreditvergabe in den USA kein Mensch wegen seiner Rasse, seinem Geschlecht oder seiner Religion diskriminiert werden darf. Wer sich ein Darlehen leisten kann, soll eines kriegen. Der Hintergrund war damals die Feststellung, dass bestimmte von Banken mit einer roten Linie abgegrenzte Gebiete (Redlining), in denen beispielsweise nur Schwarze wohnten, von den Banken schlicht keine Kredite erhielten.

1977:

  • Der „Community Reinvestment Act“, schreibt jetzt vor, dass Banken die Aufgabe der Unterstützung ihrer Regionen und Gemeinden zu verfolgen und dafür zu sorgen hätten, dass ihre Leistungsfähigkeit diesbezüglich immer aufrecht erhalten bliebe. Auf deutsch würde man wohl sagen: Banken sollen dem Gemeinwohl dienen.

1992:

  • Der „Federal Housing Enterprises Financial Safety and Soundness Act“ legt fest, dass Fannie Mae und Freddie Mac einen größeren Prozentsatz der verbrieften Kredite für bezahlbare Wohnimmobilien – also für geringer verdienende Haushalte – ansteuern sollten. Acht Jahre später hatte Fanny May dann gerade mal ca. 2 Milliarden Dollar an Krediten, die in diesen Bereich fallen, verbrieft. Noch ungefährlich und ohne Bedeutung.

2000:

  • Jetzt beginnt die Sache, gefährlich zu werden: Das Department of Housing and Urban Development macht laut Fannie Mae der Bank zur Auflage, 50% Prozent ihres Portfolios aus Darlehen zu schöpfen, die dem Community Reinvestment Act entsprechend für Geringverdienende ausgereicht worden waren. bis 2010 soll Fannie Mae, ingesamt 500 Milliarden Dollar aus diesem Bereich im Portfolio zu haben. Um den Vorgang zu beschleunigen, beginnt Fannie Mae nicht mehr nur Kredite sondern eben gleich ganze von anderen verbriefte Kreditportfolios zu kaufen.

2005-2007:

  • Man hat wohl nicht bedacht, dass Großbanken ihren gesellschaftlichen Auftrag vergessen hatten. Der Plan von Fannie Mae ist eine Einladung an die Banken, ohne Sinn und Verstand alles zu verbriefen, was nicht bei drei auf dem Baum ist.

2008:

  • Als die Immobilienblase dann platzt, muss der amerikanische Statt die beiden Institute Fannie und Freddie mit 187 Milliarden retten.

2014:

  • Fannie Mae und Freddie Mac verklagen wie schon gesagt insgesamt 17 Großbanken – unter anderem auch die Deutsche Bank, die mit 1,8 Mrd. US-Dollar dabei ist. Die Bank of America zahlt knapp 17 (!) Milliarden Dollar, Goldman Sachs kommt mit 3,15 Milliarden weg. Fannie und Freddie zahlen ihre Schulden an den amerikanischen Staat zurück.

Lange Erzählung, kurzer Sinn…

Was lehrt uns diese Geschichte? Vielleicht das eine:

 

Solange Banken eine dienende Funktion innerhalb der Gesellschaft übernehmen und die Bodenhaftung nicht verlieren, ist alles gut. Fangen sie aber an, mehr über Geschäftsmodelle und Profitmaximierung nachzudenken als über ihren eigenen ursprünglichen Sinn, geht’s böse aus. Umso erfreulicher, dass der Bankensektor bei uns in Deutschland nach wie vor auf drei Säulen steht, von denen zwei sich durch die diversen Krisen hindurch als sehr stabil erwiesen haben: Die Sparkassen, Volksbanken und Sparda-Banken. Durch ihren kommunalen bzw. genossenschaftlichen Kern hatten sie das, was die amerikanischen Banken nicht mehr hatten.

Noch etwas? Ja vielleicht das eine noch: Wettbewerb ist nicht für jedes Problem die richtige Lösung. Oder wie seht Ihr das?

 

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