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Mutiert die Deutsche Bank jetzt zur regionalen Mittelstandsbank? Ach nein, doch nicht?

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Medial gesehen war der 3.9.14 ein drolliger Tag. Aus allen Ecken flogen Presse-Meldungen und Artikel durch den Äther. Und immer ging es darum: Was ist eine Mittelstandsbank – und wer soll die Abwicklung von großen Banken in Zukunft bezahlen? Aber man muss sich das im Detail ansehen…

Sparkassen- und Giroverband

Gegen Abend veröffentlichte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) eine Presse-Information, in der sein Präsident Georg Fahrenschon die Pläne zum Europäischen Abwicklungsfonds in Frage stellte: Es könne ja nicht sein, dass mittelgroße Kreditinstitute mit eigenen Sicherungssystemen und stabilem Geschäftsmodell – wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken – zu den Hauptzahlmeistern der EU-Bankenabwicklung gemacht würden. Stattdessen solle man darüber nachdenken, „den Refinanzierungsvorteil großer Banken zu diesem Zweck abzuschöpfen“.  

Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)

Am selben Tag äußerte sich auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, in einer Pressmeldung (BVR-Präsident fordert Erleichterungen für kleinere Institute“, 3.9.14): Er kritisiert den derzeitigen Diskussionsstand über die Beitragssystematik zum europäischen Abwicklungsfonds. „Die Vorschläge sind unseren Mitgliedern und Kunden kaum vermittelbar"

Deutsche Bank

Am selben Tag veröffentlichte die Deutsche Bank ihrerseits eine Presse-Info („Deutsche Bank an Rhein und Ruhr: Seit 100 Jahren ein Kraftzentrum im Heimatmarkt Deutschland“, 3.9.14). Nun darf man raten, wie hier das Thema war. Anlässlich des 100. Jahrestages der Übernahme der Bergisch Märkischen Bank in Elberfeld mit ihrem dichten Filialnetz lässt uns der andere Co-Vorstand der Deutschen Bank wissen, dass die die Deutsche Bank ja grade „als Partner des Mittelstands“ eine besondere Rolle einnehme: „Wir sind die globale Universalbank vor Ort, die die Pläne des Mittelstands kennt, seine Probleme versteht und Lösungen aufzeigt“.

 

Bankenverband (Private Banken)

Und dann kommt’s: Auch am selben Tag veröffentlichte u. a. der Bankenverband in seinem „Bankenbrief“(„Bankenunion - Fluch oder Segen für Vielfalt der Banken?“, 3.9.14) ein Statement vom anderen Deutsche Bank Co-Chef, Anshu Jain:

Ausgerechnet der warnte vor einer Einschränkung der Banken-Vielfalt in Europa. Ein wieder stärkeres und stabiles Wirtschaftswachstum brauche doch differenzierte Geschäftsmodelle in der Finanzbranche. Dazu gehörten – fast will man staunen –schon irgendwie auch regionale Geldhäuser. Allerdings, so will er scheinbar sagen, solle man es in Europa mit der Bedeutung von Banken mit regionalem Fokus mal nicht übertreiben. Vor allem solle man sie nicht „gegenüber Schattenbanken und globalen Universalbanken“ favorisieren. Denn natürlich würden auch global tätige Spezialinstitute, Universalbanken und „natürlich auch Schattenbanken“  „wichtige Beiträge für die Realwirtschaft“ leisten.

Ist die deutsche Bank denn nun eine Mittelstandsbank?

Und jetzt? Jetzt fragen wir uns kurz, was die Deutsche Bank denn nun tatsächlich ist. Ob sich die Großbank und Betreiberin eines Dark Pools in Asien am regulierten Markt vorbei nun plötzlich in eine regionale Mittelstandsbank verwandelt?

Ach nein, da müssen wir sicher keine Angst haben. Denn in der Betonung der Notwendigkeit von Groß- und Schattenbanken und „differenzierten Geschäftsmodellen" klingt doch die Denkweise seines Ziehvaters und Vorgängers im Amt, Josef Ackermann, allzu sehr durch:

Wir erinnern uns unter anderem an seine Rede vom 5.7.07 beim „16. Eurobörsentag - Der Finanzplatz Deutschland im globalen Wettbewerb“. Dort nahm er, und hier schließt sich der Kreis, auf das zynischen Bezug, was sein anderer Nachfolger im Amt, Jürgen Fitschen, am 3.9.2014 feierte: Den Rheinischen Kapitalismus, der vor allem an Rhein und Ruhr geboren wurde:

„Wer die öffentliche Debatte verfolgt,“ so sagte Ackermann damals „dem drängt sich der Eindruck auf, dass die Kritik an Hedgefonds und Private Equity-Gesellschaften oft weniger von Sorge um die Finanzmarktstabilität getragen wird, als vielmehr von der Befürchtung, diese könnten den gewohnten, konsensualen rheinischen Kapitalismus stören … Aktiv – ja zum Teil aggressiv – auftretende Aktionäre sind in Deutschland ungewohnt – nicht nur für die Bevölkerung und die Belegschaften, sondern auch für manchen Manager. Einiges – besonders ihr Kommunikationsverhalten – ist sicherlich gewöhnungsbedürftig und muss noch weiter reifen. Gleichwohl ist festzuhalten: Solche Aktionäre sind in vielerlei Hinsicht hilfreich.“

Fazit: Nein, wohl doch nicht

Lange Rede, kurzer Sinn: Dass die Deutsche Bank einmal zu einer Liebhaberin des regionalen Geschäfts oder gar zu einer „Mittelstandsbank“ mutiert, muss man kaum befürchten. Eher im Gegenteil: Der „Mittelstands-Feierer“ Jürgen Fitschen wird irgendwann in Rente gehen. Und wer weiß, ob Anshu Jain bis dahin ausreichend Deutsch gelernt haben wird, um uns die Notwendigkeit von Schattenbanken, Hedge-Fonds und Großbanken ebenso rational zwingend zu erklären, wie das seinerzeit sein Vorgänger Ackermann tat.

Bis dahin würden wir mal sagen: Wer sich das leisten kann, soll an diesem großen Spiel teilnehmen. Und wer sich das noch nicht mal leisten mag, der bleibt bei den wirklichen Säulen der deutschen Wirtschaft: Den regional orientierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Die findet der Jain, wie wir jetzt ja endlich wissen, auch irgendwie gut und wichtig…

 

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