claim von gute-banken

EU und Rating-Agenturen: …Der Machtkampf geht weiter.

Oder: Jede Menge Interessenkonflikte.

 

In den letzten Tagen kündigte sich der Machtpoker zwischen Rating-Agenturen und der EU an. Jetzt bricht er richtig los. Nachdem wir uns schon die letzte Nacht mit Recherchen um die Ohren geschlagen haben, ist hier ein kleines write-up zum Thema…

 

Zur Erinnerung: Das salamimäßige Abstufen von Griechenland und Portugal ließ die ganze EU nicht zur Ruhe kommen. Die Rating-Agenturen – so hatte es den Anschein – wollten die im Interesse des Kapitalmarkts dazu zwingen, den Rettungsschirm über beiden Ländern aufzuspannen. Das durch eine vollumfängliche Garantie seitens der EU ihre Ratings ohnehin obsolet geworden wären – oder werden –scheint in diesem Fall (noch) keinen zu interessieren.

 

Wir würden ja sagen: Am besten sollten die Rating-Agenturen ihre Ratings gleich für alle Staatsanleihen! Mit Staaten handelt man nicht…

 

Die Attacke

 

Aber gut. Am 31.3.11 meldete dann um etwa 15 Uhr das Handelsblatt („STREIT ESKALIERT: Agenturen drohen Schuldenstaaten mit Rating-Entzug“,) und andere Medien : Rating-Agenturen drohten, ihre Ratings für hochverschuldete Staaten zurückzuziehen. Harter Tobak, das muss man schon sagen. Das heisst soviel wie: Wenn ihr nicht mehr unser Spiel spielen wollt, dann kündigen wir Euch den Vertrag! Da musste ja eine Retourkutsche kommen. Und die liess massenmedial nicht lange auf sich warten:

 

 

Die Gegenattacke

 

Soviel bis heute Nachmittag. Schon drei Stunden später kam die Retourkutsche: Das Handelsblatt (KEINE ZULASSUNG: US-Ratings droht in Europa das Aus“ 31.3.11) meldet, die EU wolle in den USA hergestellte Bonitätsnoten für Wertpapiere in Europa jetzt gar nicht mehr zulassen.

 

Und das wird offenbar so argumentiert: Alle Ratings müssten von vergleichbarer Qualität sein. Aber genau das sei bei Ratings aus den USA und anderen Drittstaaten nicht garantiert, hieß es in EU-Kommissionskreisen. Die US-Vorschriften seien mit den europäischen nicht kompatibel. Eine sehr plötzliche Erkenntnis, die der EU da kam. Waren die Ratings der großen drei nicht bis vor kurzem ein anerkanntes Instrument von Basel II? Na, Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung.

 

Frage: Wer ratet denn dann?

 

Ja wie: Wenn die drei großen nicht mehr raten, wer rät – äh, ratet – denn dann? Wo kommen dann die Bewertungen her? Da kann man ja unterschiedliche Überlegungen anstellen:

 

1. Die Börsen?

 

Wird das einfach der Markt und die Börsen machen? Ach nein, die werden ja ohnehin schon von Schattenbanken verdrängt. Wie zum Beispiel von den Dark Pools der Deutschen Bank in Asien.

 

2. Die Banken?

 

Oder werden die Rating-Abteilungen der Banken das übernehmen? Ach nein, die wurden ja schon vor Jahr und Tag auf ein Minimum runtergeschwitzt – ausserdem hatten sie zu viele Interessenkonflikte.

 

3. Der Markt?

 

Ja, wer soll’s denn dann machen? Ach ja, es ist schon schade: Die EU hofft, dass es der Markt doch wieder regeln wird. Allerdings wohl mit deutlich klareren Vorschriften.

 

Laut Handelsblatt zwinge die EU die europäischen Ratingagenturen dazu, eine Lizenz zu beantragen, ihre Bewertungskriterien offenzulegen und vor allem: Interessenskonflikte zu beseitigen.

 

Und die EU?

 

Die EU will wohl eigentlich immer noch, dass der Markt das mit den Ratings regelt. Sich also selbst kontrolliert. Das las man schon im vergangenen Juni:

 

Da berichtetet die Tagesschau.de („Barnier legt Reformpläne vor: EU will Ratingagenturen strenger kontrollieren“, 2.6.10):

„Aufsicht ist das eine, für ebenso wichtig hält Barnier es aber, den Markt der Bewertungsagenturen aufzubrechen - ein Markt der von nur drei US-amerikanischen Unternehmen dominiert wird. "Ich finde, dass es da nicht genug Wettbewerb gibt", sagt Barnier.“ 

 

Das ist wohl auch der Grund, weshalb die EU-Kommission laut Handelsblatt offenbar hofft, dass die drei großen angelsächsischen Rating-Agenturen Standard & Poors, Moody's und Fitch ihr Personal nach Europa verlagern, um die Ratings künftig hier anzufertigen. Fitch habe aber schon signalisiert, dass man dazu keinen Bock hätte.

 

Interessenkonflikte?

 

Also: Das wird noch interessant werden. Insbesondere der Punkt mit den Interessenkonflikten ist sehr interessant. Denn das Problem der Ergebnisweisung hat man sehr leicht. Wer zahlt, gibt vor. Ein altes Problem bei jedem Gutachten. Der erste Schritt ist deshalb immer, erstmal klar zu sagen, dass man Geld für das objektive Gutachten bekommt. Das macht übrigens auch S&P auf der eigenen Website:

 

S&P's Ratings Services business may receive compensation for its ratings and credit related analyses, normally from issuers or underwriters of securities or from obligors.

 

Interessenkonflikte?

 

So gesehen geht das ja alles in Ordnung. Wir gucken uns das alles amüsiert an. Und finden jede kritische Bewegung, die es gibt, erstmal gut. Dass wir mit dem System der Ratings nicht so richtig zurecht kommen, haben wir ja schon hie und da erwähnt und einiges dazugeschrieben.

 

Der Vorwurf der Ergebnisweisung im engeren Sinne haben auch wir den Rating-Agenturen gar nicht gemacht. Sondern eher schon der Überforderung und der falschen Denkweise – zu kapitalmarktorientiert. Aber das sind Geldmedien wie z. B. auch das Handelsblatt ja auch. Man erkennt das, wenn sie bei Staatsanleihen nicht von steigenden Zinsen für die Staaten, sondern von steigenden Renditen (und „Risiken“) für die Investoren sprechen.

 

Fazit:

 

Genau genommen hatte ja auch die EU lange Zeit einen Interessenkonflikt, als sie soviel für den Kapitalmarkt und den Wettbewerb und so wenig für die Sicherheit des Wohlstands der kleinen Steuerzahler tat. Ob sie den jetzt aufgelöst hat, wird man sehen. Aber ohne Fehler lernt man ja nix.

 

Und mal im Ernst: Hat nicht jeder einen Interessenkonflikt, der einerseits mit Geld handelt und andererseits all die Armut in der Welt sieht?

 

Ja, soviel für den Moment. Noch etwas? Klar:

 

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