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Verengtes Blickfeld bei WELT-Online: Wer sind eigentlich „die Banken“?

Manchmal kann man wirklich nur noch den Kopf schütteln: In einem reichlich apokalyptischen Artikel mit der Überschrift „Normalbürger werden den deutschen Banken lästig“ bei WELT-Online (30.3.15) stolpern wir über eine Sammlung von Schmähungen „der Banken“. „Der typische Massenkunde“, so heisst es, sei „den Geldhäusern lästig geworden“. Und wieder hätte man die Frage stellen müssen: Welche Häuser sind gemeint?

Das Bemerkenswerte an diesem Artikel über Filialschließungen: Genannt werden – wieder einmal nur die großen Privatbanken. Allen voran natürlich die Deutsche Bank, dann die HypoVereinsbank, dann die Commerzbank. Peng, peng. Schlussendlich wird auch noch – als Ausnahme – die Targobank genannt: die eröffne sogar munter immer neue Anlaufstellen.

Marktführer unter "ferner liefen"…

Und die Sparkassen und Genossenschaftsbanken? Man muss suchen, um sie in dem Artikel zu finden. Aber dann kommen sie sogar noch – quasi am Rande – kurz vor: Als Opfer der Direktbanken, deren filialfrei kostengünstige Struktur den „Druck auf die großen Privatbanken, aber auch auf Sparkassen und Volksbanken mit ihren Anlaufstellen weiter“ erhöhe. Kein weiteres Wort über diejenigen, die doch unterm Strich nicht nur mit 50 und 30 Millionen Kunden am meisten Menschen in Deutschland bei ihren Geldgeschäften betreuen, sondern eben auch die meisten Filialen betreiben. Aber das findet im Text keine Erwähnung – oder doch? Ach ja, wenn man zufällig auf die bei WELT-Online dargestellte Grafik „Immer weniger Bankfilialen“ klickt, findet sich rechts ein Pfeil. Und wenn man auf den klickt, dann findet sich da doch tatsächlich eine kleine Grafik von der Deutschen Bundesbank mit der Überschrift: „Sparkassen haben die meisten Anlaufstellen“. Übrigens: Die laut Quellenangabe vom 31.12.2013 datierende Grafik zeigt die Filialverteilung unter den Banktypen: 12323 bei den Sparkassen, 11335 bei den Genossenschaftsbanken, 4928 bei regionalen Banken und Bausparkassen und eben die Großbanken mit 7610 Filialen).

… man kann das auch anders sehen

Dass der Filialschwund bei Großbanken wie der Deutschen Bank, der HVB und der Commerzbank eher strategischer Natur ist, während ein Filialabbau bei den beiden anderen Säulen des deutsche Bankensystems – den Genossenschaftsbanken und Sparkassen – eher der operativen Not geschuldet ist, die sich aus den Niedrigzinsen ergibt, bleibt ebenso unerwähnt wie der Ausblick, den vor etwa einer der Woche von Uwe Fröhlich, Präsident des genossenschaftlichen Bankenverbands BVR, u.a. im Handelsblatt („Volks- und Raiffeisenbanken: Genossen wollen das Filialgeschäft an sich reißen“ 24.3.15) ins öffentliche Spiel gebracht wurde:

Der formulierte nämlich erfrischenden Gedanken, dass die Genossen im Privat- und Firmenkundengeschäft Kunden gewinnen können, wenn sich die Konkurrenz aus der Fläche zurückziehe. Das erfordert natürlich eine etwas längerfristige strategische Perspektive - keiner weiß, wie lange die Niedrigzinsen und die damit verbundenen niedrigen Margen noch anhalten werden. Und soviel Geduld haben die Investoren der börsennotierten Häuser wohl nicht. Die Genossenschaftsbanken und Sparkassen schon.

Aber leider: Auch im Zusammenhang mit der mittelfristigen Chance, die sich aus der Schließung der Filialen bei den börsennotierten Häusern für regional orientierte Banken ergibt, wird nur eine größere Einheit genannt: Die Targo-Bank. Aber die gehört ja auch schon seit geraumer Zeit der französischen Genossenschaftsbank Crédit Mutuel… Aber das scheint nicht ins Bild zu passen.

Fazit:

Was bleibt noch zu sagen? Naja, das übliche eben: Wenn die Welt tatsächlich nur so wäre, wie man es in den großen Medien liest, wäre auch niemandem geholfen. Und zu dieser Art von Artikeln fällt uns immer wieder dieser Satz von Otto Waalkes ein: „Schönes Spiel, Herr Schiedsrichter – schade, dass Sie’s nicht gesehen haben…“

 

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