claim von gute-banken

Sachwert schlägt Geldwert. Oder: Die Wiederherstellung des Unterschieds

Hier geht es um offene Immobilienfonds – lange Zeit waren das eigentlich herrlich solide und langfristige Geldanlagen, die fast so gut sind wie die Investition in ein eigenes Haus oder ein Mietshaus. Nur dass man eben als Eigentümer von Fondsanteilen keine Arbeit mit der Verwaltung hat und schon mit einem kleinen Anteil zum Miteigentümer großer Immobilien werden kann. Mit einer überschaubaren, aber durchgängig sicheren Rendite. Aber wo Geld ist, ist auch die Gier nicht weit...

Nach langen Gesprächen mit den Banken will Finanzminister Schäuble jetzt den Gesetzesentwurf zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes im Bundestag einbringen. Da geht es unter anderem auch um die Frage, wie man eben Offene Immobilienfonds und private Anleger vor den wilden Bewegungen des Finanzmarkts schützen kann. Hier ein Auszug aus dem veröffentlichten Text :

Künftig soll für alle Anleger eine zweijährige Mindesthaltefrist gelten, ergänzt durch Kündigungsfristen, die nach Wahl der Kapitalanlagegesellschaft zwischen sechs und 24 Monaten angesetzt werden können. Je kürzer die Kündigungsfristen sind, desto mehr Liquidität ist demnächst vorzuhalten. Dies dient dem Schutz gerade der Privatanleger, denen schon beim Erwerb einer solchen Beteiligung bewusst wird, dass eine Investition in Immobilien langfristig angelegt sein muss, damit sich die Kosten des Immobilienerwerbs und die Fondskosten durch eine positive Wertentwicklung des Fonds amortisieren können. Fonds mit längeren Kündigungsfristen können durch weniger Liquidität mehr Rendite durch Immobilieninvestitionen erzielen Quelle BFM .


Kurz gesprochen: Immobilien sind langfristige Anlagen – deshalb sollten sie auch langfristig gehalten werden. Das will Schäuble nun gesetzlich verordnen bzw. regeln. Au weia, sagen die Fondsanbieter. Das macht unsere Anlageform uninteressant für all diejenigen, die kurzfristig handeln wollen.

Wie immer lohnt es sich ein wenig tiefer zu graben:

Der Markt wirkt vor dem Markt geschützt

Bei dem Gesetzentwurf geht es einfach gesprochen darum, dass im Rahmen des Auf und Abs der Märkte und seinen dazugehörigen Krisen auch der Wert von Immobilien schwankt. Immobilien sind zwar als langfristige Anlageform gedacht, aber Anteile an Immobilienfonds werden am Kapitalmarkt genauso börsentäglich gehandelt wie andere Anlageformen. Rauf und Runter. Mit dem wilden Schwanken des Marktes steigen und sinken auch die Bewertungen der Immobilien, die von den Fonds gekauft wurden - was früher niemanden störte. Erst in den letzten Jahren kamen die Offenen Fonds mehrfach in die Situation, dass die Bewertung ihrer Immobilienportfolios unterhalb des Wertes der verkauften Anteile zu kommen drohte. Was eben eigentlich auch niemanden stört, denn wenn eine Immobilie einigermaßen konservativ bewertet ist, dann wird ihr Wert auch vom tiefsten Tief wieder steigen. Das Risiko des Totalverlusts gibt es bei Immobilien ja praktisch nicht.

Dennoch reagiert der Finanzmarkt auf solche vergleichsweise kurzfristigen Messungsschwankungen wie immer radikal. Geht die Bewertung runter, gibt das große, bewegliche Geld die Anteile im großen Stil an die Fondsanbieter zurück. Die kleinen Anleger kriegen womöglich Angst und wollen ihre Anteile auch zurückgeben. Weil durch solche Panikverkäufe aber die Liquidität der Anbieter bedroht ist, kam es in den letzten Jahren mehrfach zu der Situation, dass der Handel einzelner Offener Immobilienfonds ausgesetzt wurde. Notbremse!

Das kann jedem passieren

Diese Abhängigkeit vom Kapitalmarkt hatte in den vergangenen Jahren selbst konservativ und Anlegerorientiert arbeitende Fondsanbieter wie Deka Immobilien von den Sparkassen und Union Investment von den Volks- und Raiffeisenbanken getroffen. Am stärksten scheint es aber diejenigen Anbieter getroffen zu haben, für die Immobilien nur ein weiteres Instrument zum Gelddrucken zu sein scheint.

So meldete zum Beispiel der Branchen-Infodienst Thomas Daily, dass der Offene Immobilienfonds P2 Value von Morgan Stanley vor weiteren Abwertungen stünde: "Wegen der schlechten Marktlage sind bei den turnusmäßig anstehenden Bewertungen Wertabschläge zu erwarten", so teile Morgan Stanley mit. Auch könnten einzelne Fondsobjekte – so heisst es dort weiter - in den nächsten Monaten "ereignisbezogen" abgewertet werden. Bereits im Oktober 2008 wurde für den Fonds ein Rücknahmestopp verhängt wurde. Im Juli 2009 sorgte der P2 Value mit einer Abwertung der Fondsobjekte um über 10 % für Aufsehen.

Bei der Bewertung solcher Denkweisen scheint auch bei Rating-Agenturen eine Art von praktischer Vernunft einzukehren. So schreibt zum Beispiel die Raring-Agentur Scope in einer Pressemeldung vom 11.5:

Am ehesten dürften diejenigen Kapitalanlagegesellschaften ihre Anleger bei der Stange halten können, die sich an Privatanleger richten, im Branchenvergleich eine relativ hohe Performance ausweisen und sich auf starke Vertriebe stützen können.… Bester Deutschlandfonds und achter in der Gesamtwertung wurde der UniImmo: Deutschland (A). Als bester Globalfonds wurde der Deka-ImmobilienGlobal (A) vor dem UniImmo: Global (A) ausgezeichnet.


Fazit:

Liest man nun die Ankündigung Schäubles zusammen mit dieser Denkweise, dann werden verschiedene Dinge klar:
  1. private Anleger sollten sich genau überlegen, in welche Fonds sie investieren
  2. im Unterschied zu anderen Geldanlagen leben Immobilien nicht von der Volatilität, sondern von der Stabilität, der Gesetzentwurf versucht, diesen Unterschied wieder herzustellen
  3. damit versucht die Bundesregierung auch, die langfristig orientierten privaten Anleger vor dem schnellen System des globalen Kapitalmarkts zu schützen
Immobilienfonds sind im Grunde relativ solide Anlageformen. Sachwert schlägt Geldwert, sagte man früher. Aber was kann man als Anleger tun, um beim Geldwert nicht unter die Räder zu kommen? Fragen Sie Ihre Bank, ob die angebotenen Immobilienfonds schon einmal in die Unterdeckung geraten sind. Fragen Sie, wie hoch der Anteil von institutionellen Investoren an Ihrem Fonds ist. Und orientieren Sie sich um Gottes Willen nicht an steil aufsteigenden Performance-Kurven. So etwas kann es bei einer Immobilie nicht geben. So ein kurzfristig heftiges rauf und runter gibt es nur am Kapitalmarkt...
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