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Statistisch gesehen sind wir das Volk. Oder: Warum spricht sich keiner für Sparkassen und Volksbank

Finanzkrise, immer lauter werdende Zweifel am jahrelang eingehämmerten neoliberalen „alles was der Markt macht, ist richtig“, erfundenes Geld mit Hebelgeschäften, Milliarden für Bürgschaften (Bailouts), erlaubte Wetten gegen den Euro und gegen ganze Volkswirtschaften. Liest man die gängigen Massenmedien hat man den Eindruck: Wir denken immer noch alle, dass das so sein muss und normal  ist. Sind wir alle durchgeknallt oder wirkt das nur so, wenn man Zeitung liest?....

Es ist im Grunde seltsam, dass niemand sich das wirklich klar macht und es mal ausspricht: Die börsennotierten Großbanken und auch ihre Art zu rechnen halten in Deutschland keinen Marktanteil, der ihren Auswirkungen für alle entsprechen würde. Die Proportionen stimmen einfach nicht. Großbanken engagieren sich statistisch gesehen nicht im großen Stil für die Menschen. Dennoch können sie, wie man sieht, die Unterstützung der Menschen im großen Stil reklamieren.  Wo liegt der Denkfehler?

Wahrscheinlich darin, dass uns allen von den Massenmedien und auch von der sogenannten konservativen Politik so lange eingeredet wurde, dass dies alles schon seine Richtigkeit hätte: Dass die Welt übers Geld bewegt würde und nicht über etwas anderes. Dass die Wirtschaft nichts mit den Menschen zu tun hätte. Und dass die richtigen Banken eigentlich nur die Großbanken wären. Kaum einer erlaubte sich noch, hier radikal kritisch etwas zu sagen. Ist daran überhaupt noch irgendetwas richtig?

Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben:

Eine Bank ohne Kunden ist keine Bank

Mancher wird sich noch erinnern, wie zum Beispiel die Deutsche Bank sich in den letzten 10 bis 15 Jahren mehrfach einfach so von ihren normalen Privatkunden verabschiedete, um sich komplett dem Investment Banking zu widmen – und sie dann wieder begrüßte. Und kein massenmedialer Hahn kräht heute mehr danach. Warum eigentlich? Die Antwort sollte klar sein: Weil die Deutsche Bank und anderen börsennotierte Unternehmen in erster Linie nicht ihren Kunden verpflichten sein können, sondern ihren Anteilseignern (Shareholdern) an der Börse. Wenn man das einmal verstanden hat, ist es ja ok. Und es ist auch verständlich, dass eigentlich nur diejenigen bei solchen Banken ihre Bankgeschäfte im Guthaben- und Kreditbereich machen sollten, denen es egal ist, ob sie als Mensch und Kunde gewürdigt werden – weil sie eben selbst am großen Spiel teilnehmen wollen.

 Eine Bank mit vielen Kunden ist eine Sparkasse oder Volksbank

Wo haben wir normalen deutschen Menschen – Leistungsträger – denn unsere Konten? Über welche Institute zahlen wir unsere Mieten oder Kredite für unsere Häuser? Du kannst hier eine halbe Stunde lang im Internet recherchieren: Es gibt hierfür kaum wirklich belastbare aktuelle Zahlen. Man findet Zahlen zu Umsätzen und Festgeld- und Kreditvolumina. Aber genau diese Zahlen sind nur für diejenigen interessant, die noch Freude am Denksystem des Kapitalmarkts haben.

Dabei wäre die interessantere Frage doch: Welche Banken repräsentieren die Menschen und sind für sie da? Was hie und da zu finden ist, zeigt immerhin deutlich: Die Sparkassen und Volksbanken machen das normale Bankengeschäft und haben nach wie vor den größten Marktanteil.

So schreibt zum Beispiel das sogenannte „Institut für den öffentlichen Sektor“ – ein von Wirtschaftsprüfer KPMG betriebenes Portal:

Nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) unterhalten über 60 Prozent der Bundesbürger und über 70 Prozent aller Unternehmen eine Kontoverbindung bei einer Sparkasse oder Landesbank. Im Kreditgeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen kommen die Institute der Gruppe auf einen Marktanteil von über 44 Prozent.

Das Handelsblatt schrieb am 3.11.2009 unter der bemerkenswerten Headline „Deutsche Bank attackiert Sparkassen“:  

Die Deutsche Bank startet mit einer neuen Drei-Marken-Strategie zur Aufholjagd im Privatkundengeschäft. „Wir werden sowohl in der Tiefe wie in der Breite in unserem Heimatmarkt mit den Marken Deutsche Bank und zukünftig Postbank und Sal. Oppenheim einzigartig aufgestellt sein“, sagt Privatkundenvorstand Rainer Neske im Gespräch mit dem Handelsblatt. Damit richtet sich die Deutsche Bank vor allem darauf aus, in diesem Geschäftsfeld den Sparkassen und Volksbanken Marktanteile abzunehmen, die bisher rund 80 Prozent der Privatkunden in Deutschland bedienen.

Diese Zahlen reichen wohl aus, um zu wissen: Nein, die Großbanken sind bei den ganz normalen Konten nicht überrepräsentiert. Sie nehmen die Kunden, die sie brauchen – und zwar nur dann, wenn sie diese Kunden für ihre Strategien gerade brauchen.

Was ist mit der Postbank?

Da gibt es ja noch eine andere Bank, die ziemlich viele Kunden hat: Die Postbank. Aber Obacht: Hier ist die Deutsche Bank bereits heute beteiligt und wie wir bereits gelesen haben, strebt die Deutsche Bank hier die Mehrheit an. Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Die Postbank ist zwar nach eigenen Angaben die „größte Privatkundenbank Deutschlands. Allerdings sank die Anzahl der bei ihr geführten Privatgirokonten in den letzten beiden Jahren von 4,98 Millionen auf 4,92 Millionen. Es ist halt alles relativ. Allemal gibt die Postbank in einer Pressemeldung von 25.2.2010 folgende Zahlen zu ihren Marktanteilen an die Öffentlichkeit:

  1. Einlagengeschäft 6,4 %
  2. Ratenkredite 2,5%
  3. Bauspargeschäft (über BHW) 9,4 %

In der selben Pressemeldung schreibt sie übrigens, als wolle sie die wegen der Äußerungen Ackermanns zum Thema Eigenkapitalrendite (wir berichteten ja darüber) aufgebrachte Masse besänftigen:

„Im Rahmen ihres Strategieprogramms wird die Bank mit Hochdruck daran arbeiten, ihre Ergebnissituation weiter zu verbessern. Mittelfristig und nachhaltig erwartet sie wieder eine operative Eigenkapitalrendite von rund 13 Prozent nach Steuern.“

Auf ihrer Website ist übrigens nachzulesen, dass ihre Eigenkapitalrendite vor Steuern im ersten Quartal 2010 bei 9,7% lag. Kleines Schmankerl am Rande: Im Jahr 2009 weist die Postbank eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von Minus 7,8% aus – im Jahr 2008 waren es gar Minus 23,3 %. Macht nichts. Man muss ja dort nicht Kunde sein.

Was macht die Geldpresse daraus?

Angesichts dieser Proportionen macht es ja Sinn, sich nochmal anzusehen, wie sich die versammelte Geldpresse zu diesen Dingen verhält. Das zeigte zum Beispiel das Geldblättchen Focus Money am 21.5.2010 unter der immer wider gern genommenen Headline „50 Banken im Vergleich“.  Nun kann man mal raten, welche Banken hier unter den ersten drei waren ..... Sie können es sich denken? Auf Platz zwei steht die Dresdner Bank. Auf Platz drei die Deutsche Bank.... Platz eins nimmt die PSD Bank München ein. (Falls Sie diese Bank nicht kennen eine kurze Anmerkung hierzu: Die PSD Bank betreut laut ihrer Website in ihrem Geschäftsgebieten Region Schwaben und den überwiegenden Teil Oberbayerns derzeit über 84.500 zufriedene Kunden. Zum Vergleich: allein eine Sparkasse Pforzheim Calw gibt bei der Anzahl der Kunden ca. 350.000 an.)

Was lernen wir daraus?

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sollten aufhören, uns an den Geldmedien und ihren Argumentationen zu orientieren. Es kommt nicht wirklich darauf an, ob man fürs Festgeld oder den Kredit nun ein Zehntel mehr oder weniger bekommt oder zahlt. Es ist auch nicht wesentlich, ob man mehr, weniger oder gar keine Bankgebühren bezahlt.

Wenn Sie das nächste mal wieder versucht sind, zu allererst nach Konditionen zu fragen, dann überlegen Sie es sich nochmal: Fragen Sie Ihre Bank lieber,

 

  • was sie für Sie ihre Region tut,
  • ob sie junge Menschen ausbildet,
  • ob sie im letzten Jahr mehr oder wenig Kredite an mittelständische Unternehnen ausgereicht hat
  • ob sie sich an den großen Spielen am Finanzmarkt beteiligt und zum Beispiel mit Leerverkäufen und Hebelgeschäften Geld verdient hat
  • ob und wie stark sie sich sozial engagiert
  • etc.

Wenn Sie dafür Antworten bekommen haben, dann fragen Sie sich: Wem dient meine Bank wirklich? Mir selbst oder dem großen Geld? Sie werden dann schon zu entscheiden wissen ....

Zum Abschluss noch zwei Meldungen:

 Die erste kommt direkt von der Sparkassenorganisation und datiert vom 18.5.2010:

Erhebungen der Bundesbank zufolge schrumpfte das von Großbanken an Unternehmen und Selbständige ausgereichte Kreditvolumen im vergangenen Jahr um etwa 5,5 Milliarden Euro auf 177 Milliarden Euro. (...) Dagegen hätten die Sparkassen das Volumen ihrer Darlehen an diese Gruppen im selben Zeitraum um 9,6 Milliarden Euro auf 306,9 Milliarden Euro gesteigert.

Die zweite war am 9.3.2010 zum Beispiel bei Finanznachrichten.de zu lesen:

Bei der Kreditvergabe an Gewerbekunden - also an wirtschaftlich Selbstständige - kommt mittlerweile mehr als jeder vierte Euro oder 27,1 Prozent von den Volksbanken und Raiffeisenbanken. Vor zehn Jahren lag dieser Marktanteil noch bei 22,5 Prozent.

Interpretieren Sie die Zahlen einfach selbst ...

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Kommentare

Kommentare 

+1 # Autor 2010-06-06 18:06
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin,

herzlichen Dank für Ihren freundschaftlic hen professionellen Kommentar! Wir sind Ihnen auch deshalb dankbar, weil Sie uns mit Ihren Anmerkungen im Grunde genau dort abholen, wo wir stehen: Nein wir geben keine einfachen und glatten Antworten. Wir schreiben für Menschen, die nicht denken lassen, sondern selber denken und ihre Schlüsse ziehen. Wir stellen tatsächlich nur Fragen, lesen Meldungen, formulieren Zweifel daran, ob das was wir lesen nicht schon falsch und viel zu kapitalmarktori entiert gedacht sein könnte.

Die einzigen einfachen Antworten, die wir geben, sind jeweils ein paar Fragen, die man seiner Bank stellen sollte. Das ist unser konstruktiver Vorschlag.
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0 # Autor 2010-06-06 18:08
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin (II)

Wir sagen einfach: Man muss anders denken und tiefer graben. Vielleicht legt sich unsere Schreibweise gerade deshalb für manchen quer.

Was sich in unserem Text wohl auch ihrer Leseweise ein wenig widersetzte: Die aktuell heiß geführten Diskussionen über Dinge wie Eigenkapitalren dite, naked short selling, etc. sind für uns ebenso wenig zielführend wie Wettbewerbe zur Frage, wer die beste deutsche Bank ist. Deshalb führen wir sie nicht wirklich aus. Da haben Sie schon recht.

Was wir allerdings sehr dezidiert denken und auch sagen: Das Problem beginnt im Grunde schon bei den seit Jahren üblichen „Beste Bank-„Wettbewerben. Wir sagen: Es gibt keine beste und keine schlechteste Bank. Es gibt nur ein Bank, die gut zu mir passt, weil sich ihre Interessen und Ziele mit meinen decken. (das muss eben nicht notwendigerweis e immer auf Zinskonditionen und „Jedem das Seine, mir das Meiste“ hinauslaufen).
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+2 # Autor 2010-06-06 18:09
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin (III)
Aus diesem Grund haben Sie bei uns auch nichts anderes über die PSD-Bank gelesen als eine Kennziffer zu ihrer Reichweite „im Volke“. Was nützt Ihnen in Berlin eine Aussage über eine Bank, die im Bayerischen aktiv ist? (Wir planen übrigens, zu diesem Themenkomplex in Kürze einen Artikel zu veröffentliche n).
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+1 # Autor 2010-06-06 18:10
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin (IV)

Wir selbst denken: Wer den globalen Playern Paroli bieten will, sollte versuchen, sich an ihrem Spiel so wenig wie möglich zu beteiligen und sich vor allem nicht unreflektiert ihrer Denk- und Argumentationsw eisen bedienen. Es genügt, wenn die Politik und die Massenmedien (allen voran Geldbättchen wie Focus Money, Euro, Finanztest – aber heute wie gesehen zunehmend auch ernsthafte Publikationen wie Spiegel, FAZ etc. –) das Immergleiche wiederkäuen. Das herrschende Denk- und Rechensystem wird viel zu wenig in Frage gestellt. Und Schäuble will auch nur ungedeckte Leerverkäufe verbieten, nicht die gedeckten – die scheinen ihm nach wie vor als probate Mittel für ... ja wofür? Und warum erst jetzt? Die Antwort sollte auf der Hand liegen: Weil auch die deutsche Politik quasi bis gestern noch voll hinter dem finanzmarktorie ntierten System stand. Jetzt steht sie räumlich gesprochen noch schräg dahinter.
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+1 # Autor 2010-06-06 18:11
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin (V)

Unsere Vermutung diesbezüglich: In Kürze wird es auch Initiativen geben, Hebelgeschäfte zu regulieren. Anderes Thema, gleiche Problematik. Aber dies nur am Rande.

Lange Rede, kürzerer Sinn:

Im Idealfall würden wir alle – wie man so schön sagt – „mit den Füßen abstimmen“. Also jeder für sich nur mit den Banken arbeiten, deren Denk- und Verhaltensweise n sich am ehesten mit unseren Vorstellungen decken. Vielleicht tun die Menschen das ja auch schon. Der Anteil, den die Sparkassen und Volksbanken am „Markt“ haben, spricht dafür. Wenn Sie das als Plädoyer für Sparkassen und Volksbanken interpretieren wollen, haben wir nichts dagegen
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+1 # Autor 2010-06-06 18:34
Lieber Herr Schütz von Textplus aus Berlin (V)

Das Problem, das wir sehen: Sparkassen und Volksbanken bekennen sich zur Regionalität und Lokalität. Das finden wir gut. Aber in der massenmedialen Welt kommen sie nur selten vor. Und den mehrheitlich kapitalmarktori entierten Denkweisen der Massenmedien können sich einzelne Institute nicht leicht entgegenstellen . In dieser Kerbe versuchen wir zu schlagen. Und wir freuen uns über Ihre kritische Unterstützung! Bleiben Sie bei uns – und schreiben Sie mit uns für eine Welt, in der Geld und Banken wieder eine dienende und keine herrschende Funktion haben können!
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