claim von gute-banken

Psychologie der Märkte und Börsianer

Auch ein schönes Beispiel für die Logik des falschen Denksystems: Das Handelsblatt „Die Krise ist nicht weg, sondern nur vergessen“, 16.7.12) zitiert ein Analysehaus, das wöchentlich 3.500 Investoren befragt und damit „einen Einblick in die Psychologie der Börsianer“ liefere.

Da kommt dann raus, dass man derzeit eher risikoavers wäre und deshalb lieber auf Value-Aktien setze, die halt stabil stehen und Dividenden zahlen. Aktien, bei denen es noch um Wachstum und Risiken gehe, seien da nicht so beliebt. Aber dass wäre ja normal: Eine Vorliebe für Value-Aktien sei in Stressphasen ja immer zu beobachten. Weil die Anleger dann ja Sicherheit suchen würden. Umgekehrt, so bringt uns des Sprecher des Analysehauses bei, könne man auch sagen: „Wenn Growth favorisiert wird, liegt eine erhöhte Risikofreude vor.“

Auf deutsch heißt das soviel wie: Wenn man in Unternehmen oder Segmente investiert, die zwar vielversprechend sind aber noch nicht so richtig rund laufen, ist das „ein Risiko“. Das kann man theoretisch nachvollziehen. Aber was heisst das praktisch? Angesichts einer im Jahr 2008 von der Bundeszentrale für politische Bildung genannten durchschnittlichen Aktien-Haltedauer von nur drei Monaten kann man sich natürlich schon mal fragen: Welche Risiken sind denn nun gemeint?

- Das Risiko, dass ein Markt oder ein Unternehmen sich nicht so (schnell) entwickeln könnte, wie man das geplant hatte? Das kann natürlich passieren.

- Oder meint man da nur das Risiko, dass der Aktienkurs nicht so sehr oder nicht so schnell nach oben schießen könnte, wie man sich das bei einem „Risiko-Titel“ erhofft?

In letzterem Fall beisst sich die Katze ja mal wieder in den Schwanz. Weil dann geht es tatsächlich ja nicht um die reale Entwicklung eines Marktes oder eines Unternehmens. Sondern einfach nur um die „Psychologie der Märkte“. Ja, das wird wohl so sein. Und das ist dann aber eben keine einfache Frage der Psychologie mehr – sondern eben ein schwerwiegender Systemfehler. Das System ist einmal als Marktplatz für Unternehmensanteile konzipiert worden. Also ein Ort, an dem sich Unternehmen Geld für Investitionen besorgen können, das sie gegen Anteile tauschen. Wenn es nur noch um Psychologie geht und Anteile schneller wieder verkauft werden, als ein Unternehmen oder ein Markt für die Entwicklung braucht – dann haben „die Märkte“ ihre dienende Funktion endgültig an der Kasse abgegeben…
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Kommentare

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+3 # Autor 2012-07-17 10:52

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Ähhhhh , das war bei den Konservativen schon immer so , was ich nicht sehe kann auch nicht existieren
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