Welche Farbe hatte nochmal das Sparkassen-Logo? Ach ja: Rot…
Schon albern: Über die regionalen Banken – in diesem Fall die Sparkassen – gäbe es doch wirklich so viel Interessantes und Gutes zu schreiben. Am 21.7.16 lief es allerdings nur auf die Frage hinaus: Welche Farbe hat ihr Logo? Gut, das hat schon seine Bedeutung – aber irgendwie ist das schon ziemlich „20. Jahrhundert“…
Also: Wie unter anderem Spiegel-Online („BGH-Urteil im Markenstreit: So rot dürfen nur die Sparkassen sein“, 21.7.16) und auch nahezu alle großen Medien berichten, haben die Sparkassen den langjährigen Rechtsstreit um die Farbe ihres Logos nun gewonnen.
Worum es geht…
Diese Meldung ging gewissermaßen über alle Kanäle. Das Thema der Meldung machte in den letzten Jahren schon öfter mal Welle. Worum es dabei geht? Vordergründig tatsächlich nur um die Farbe des Sparkassen-Logos…
Das mag gerade auf den ersten Blick absurd erscheinen. Tatsächlich hat der in Wahrheit hochkomplexe Vorgang aber schon einen Hintergrund, den Spiegel-Online im vergangenen Jahr recht treffend so formulierte:
„Die zentrale Frage in der jahrelangen Auseinandersetzung ist, ob eine in Deutschland eingetragene Farbmarke in Zeiten eines grenzüberschreitenden europäischen Bankenmarktes noch Bestand haben kann.“
So gesehen war das schon ein exemplarischer, geradezu dialektischer, Vorgang. (Mehr dazu weiter unten :) )
Was uns dabei aber wirklich ärgerlich macht, ist nicht, was man in den großen Blättern lesen kann, sondern eben was man dort praktisch nie – oder wenn, dann nur in Nebensätzen – findet.
Worum es eben nie geht…
Man wird einfach den Eindruck nicht los: Wenn es nicht um Geld oder Krawall, sondern um gesellschaftliche Themen geht, haben die großen Medien offenbar nach wie vor eine Ladehemmung.
Unser Lieblingsbeispiel:
Im Jahr 2014 veröffentlichte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband eine Pressemeldung, in der er mitteilte:
„Die Sparkassen-Finanzgruppe legt erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht als „Bericht an die Gesellschaft“ vor.“
Die mediale Resonanz war damals gelinde gesagt geringer als gering.
Wir ärgerten uns schon damals – denn wir empfanden die Nachricht als wichtig und auch relevant. Deshalb berichteten wir darüber.
Angesichts der Flut von Meldungen über den Farbmarkenstreit haben wir mal nachgesehen: Hat sich seit damals etwas geändert? Die Antwort lautet leider: Nein.
Gibt man bei google die Worte „Sparkasse Nachhaltigkeitsbericht“ ein, erscheinen auf Seite eins nicht etwa Spiegel-Online, Handelsblatt oder FocusMoney – sondern eben Links zu Sparkassen und der Link auf unseren Artikel. J
Das bedeutet konkret: Es hat niemand ausser uns darüber geschrieben. Gut, auf Seite 2 finden wir dann doch noch eine Meldung der Wirtschaftswoche – aber mehr nicht. (Wenn Ihr etwas anderes findet, gebt uns bitte gerne Bescheid.)
Allemal finden wir das einfach nicht besonders schlau von den großen Medien. Was sich nicht in Euro darstellen lässt, fällt meist durchs Raster. Durch die ganz offenbare Blindheit gegenüber gesellschaftlichen Themen, lassen sie die Chancen aus, die Ihnen auf längere Sicht ihre Existenzberechtigung sichern könnte. Denn diese Themen werden immer relevanter. So sehen wir das.
Naja, es muss jeder wissen, welche Strategie verfolgt. War aber doch gut, dass wir drüber geredet haben. :)
Zum Abschluss…
Nun noch der Hintergrund zum Farbstreit im Zeitraffer (und sicher auch nicht vollständig):
1972
Die Sparkassen stellen ihr Erscheinungsbild bundesweit auf das heute gelernte Signalrot mit dem Farbton HKS13 um.
2002
Der Deutsche Sparkassen- und Giro-Verband, also quasi der Bundesverband der deutschen Sparkassen, beantragt für die Sparkassen das rote Sparkassen-S als Markenzeichen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA).
2007
Das Patentamt trägt die Farbmarke mit dem speziellen Rot ein.
2008
Santander meldet seinerseits eine Gemeinschaftsmarke „Rot (Pantone red 032; CMYK: 0,100,100,0; RGB: 255,0,0; RAL: 3020)“ unter anderem für die Dienstleistungen „Finanzwesen, Geldgeschäfte“ an. Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (heute „Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum“) weist diese Eintragung zurück.
2009
Die Sparkassen-Organisation verklagt die deutsche Tochter der Santander-Bank beim Landesgericht Hamburg, weil ihre rote Farbe HKS 14 zu nahe am HKS 13 der Sparkassen ist. Das Landgericht Hamburg entspricht dieser Klage. Die Santanderbank geht in Revision.
2010
Im Revisionsverfahren wird die Klage vom Oberlandesgericht Hamburg abgewiesen.
2012
Die Santander-Bank beantragt die Löschung der Farbmarke der Sparkassen aus dem Verzeichnis beim Bundespatentgericht.
2013
Im Rahmen des Verfahrens 33 W (pat) 103/09 und 33 W (pat) 33/12 verweist das Bundespatentgericht die Entscheidung über die Frage „Wie bekannt muss die Farbe Rot für die Verbraucher sein, damit sie als Marke geschützt bleiben kann?“ an den Europäischen Gerichtshof.
Im selben Jahr: Der Bundestag hat am 27. Juni einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beschlossen, der dem Patent- und Markenamt im Rahmen des Geschmacksmustergesetzes künftig erlaubt, eigenständig über die Nichtigkeit einer Eintragung zu entscheiden (17/13428).
2014
Der Europäische Gerichtshof entscheidet: Die Sparkassen müssen belegen, dass die Farbe bereits 2002 ein Kennzeichen der Bank war, als die Farbmarke angemeldet wurde.
2015
Das Bundespatentgericht gibt dem Antrag zur Löschung der Sparkassen-Farbmarke statt. Die Sparkassen legen dagegen ihrerseits beim Bundesgerichtshof Revision ein.
Juli 2016
Der Bundesgerichtshof entscheidet: Die Farbmarke muss nicht gelöscht werden.Die Karlsruher Richter begründen ihre Entscheidung mit der „breiten Durchsetzung“ im deutschen Markt.
P.S.: Wir denken übrigens nicht, dass die alten Regeln der Markenbekanntheit über die Farbe des Logos im Zeitalter des social web noch lange greifen werden. Tun Sie das überhaupt noch?…
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