claim von gute-banken

Handelsblatt: Der Goldpreis wird manipuliert. Oder: Manipuliert werden heisst nicht wissen.

Noch so ein Ding: Am 23.7.2010 macht das Handelsblatt mit einem Artikel schöne Werbung für eines dieser Skandalbüchlein, die sich so gut verkaufen. Die Uberschrift ist verlockend: "Der Goldpreis wird manipuliert." Der abscheuliche Vorwurf: Die US-Notenbank hätte das Ziel, die Inflationsängste der Verbraucher durch gezieltes Eindämmen des Goldpreises zu beruhigen. Und würde deshalb quasi hintenrum die Märkte manipulieren. Achtung, jetzt wird’s kompliziert....

Das Thema ist nicht so richtig neu. Schon am 5.3.2008 veröffentlichte boerse.ard.de unter der Überschrift „Manipuliert die Fed den Goldpreis?" einen Artikel, in dem derselbe Autor genannt wird. Er hält sich also ganz gut im Gespräch. Schließlich will er seine Bücher verkaufen. Kann man verstehen....

Also erstmal zum Mitlesen /-denken ein Auszug aus dem genannten Interview im Handelsblatt:

Gold hat mit Vertrauen zu tun. Die Notenbanken wollten mit ihren Interventionen die Inflationserwartungen der Bevölkerung dämpfen. Ist der Preis für das Edelmetall niedrig, ist das Vertrauen in Papiergeld vergleichsweise groß, und die Sparer lassen ihr Geld brav auf ihrem Konto liegen. Ein rasanter Goldpreisanstieg dagegen würde dazu führen, dass die Leute um ihr Erspartes fürchten, weil sie glauben, dass die Inflationsraten künftig kräftig steigen werden. Sie würden ihr Geld stattdessen in Sachwerte investieren. Eine Lohn-Preis-Spirale könnte die Folge sein und letztlich tatsächlich zu einem kräftigen Anstieg der Inflationsraten führen.

Wir resümieren: Warum hat Gold hat mit Vertrauen zu tun? Der Grund ist wohl dass es in dem Moment, wo es gewissermaßen im legendären Fort Knox liegt, ein Sachwert ist, der nicht konsumiert oder von der Industrie verwertet wird.  Und weil das so ist, hat Gold auch keine Rendite – es erzeugt als Schatz keinen Mehrwert, an dem sein Eigentümer teilhaben könnte. Es bringt also völligen Stillstand in die Mehrwert- und Renditekurve. Es steht nur für Sicherheit.

 

In einem bestimmten Umfang ist das gut – es darf nach der herrschenden Marktphilosophie nur nicht so attraktiv sein, dass das Kapital aufhört, in wertschöpfende, Mehrwert erzeugende Anlagen investiert. Oder eben in irgendwelche renditestarken Luftnummern...

 

Und weil das also so ist, manipuliert die Fed den Goldpreis. Sagt der Autor des Buches und das Handelsblatt. Bis hierhin ist es noch relativ klar. Nun Stellt sich die Frage:

 

Manipuliert die Fed? Oder beeinflusst sie ihn nur im Interesse der Volkswirtschaft? Wo liegt hier eigentlich die Grenze zwischen Marktmanipulation und legitimer Einflussnahme? Nun könnte man auch fragen: Werden nicht alle Börsenkurse von Marktmachern beeinflusst? Wo genau liegt die Manipulation? Noch einfacher gefragt: Was bedeutet Manipulation genau?

 

Was ist Manipulation?

 

Was genau ist Manipulation? Schlag nach bei Gablers Wirtschaftslexikon:

 

  1. 1. Manipulation i.w.S.: Form der Beeinflussung, bei der
    (1) der Beeinflussende andere Personen zu seinem eigenen Vorteil beeinflusst,
    (2) Einflussmethoden wählt, die für die anderen nicht durchschaubar sind und
    (3) den anderen das subjektive Gefühl gibt, sich frei entscheiden zu können. Manipulation ist ein häufiger Vorwurf gegen die Wirtschaftswerbung. Diese sei manipulativ, d.h. vom Individuum nicht bewusst zu kontrollieren und darum zwanghaft.

 

Das ist ja nun interessant. Es geht also beim Begriff der Manipulation darum, dass man denkt, man könne frei entscheiden – obwohl es in Wahrheit nicht der Fall ist - weil man die wahren Ziele seines Gegenübers nicht kennt oder er sie verheimlicht.

 

Bezogen auf den Finanzmarkt würde das zwei Dinge bedeuten:

 

Erstens: Uns wurde immer gesagt, der ausufernde grenzenlose Finanzmarkt sei für die Sicherung des allgemeinen gesellschaftlichen Wohlstandes notwendig. Und nun sind wir unsicher, ob das in den letzten beiden Jahrzehnten wirklich je gestimmt hat.

 

Zweitens: Wir sind oder waren nur dann manipuliert oder manipulierbar, wenn wir alles glaubten und immer das machten, was uns die Großbanken und die Geldmedien empfehlen... weil es in ihrem Interesse ist.

 

Manipulation im Finanzmarkt - durch den Finanzmarkt

 

Versuchen wir einmal, die Definition von Gabler auf die konkrete vom Handelsblatt beschrieben Situation anzuwenden:

 

Ad (1): Zu wessen Vorteil handelt eine Fed, wenn sie den Goldpreis steuert?

Ad (2): Ist das gezielte Verkaufen / Kaufen von Gold in rauen Mengen eine manipulative Maßnahme oder nur eine Steuerung?

Ad (3): Können wir uns nur dann frei entscheiden, wenn im Finanzmarkt keiner mehr irgendetwas kontrolliert?

 

Wenn Manipulation also bedeutet, dass man den anderen dazu zwingt, ohne umfassende Kenntnis der Situation an etwas zu glauben und entsprechend zu handeln, könnte man fast annehmen, dass nicht nur die Fed lange Zeit manipuliert war....

 

Man könnte auch die Frage stellen, wer die Fed manipuliert oder kontrolliert. Es gab im Laufe der Zeit viele Stimmen, die ebenso wie in Europa sagten: Die Geldpolitik wird von den Banken manipuliert, die als Berater und Lobbyisten aktiv sind. Das hatten wir ja schon diskutiert.

 

In diesem Zusammenhang ist es überaus erstaunlich, dass es in Amiland hierzu eine politische Initiative gibt, die offenbar hier bei uns kaum eines der großen Medien interessiert hat. Immerhin beschäftigten sich einige wenige Medien damit. Darunter auch die „Zeit-online“ am 12.5.2010. Sie titelte: „ Senat verordnet US-Notenbank Betriebsprüfung“. Und gab damit genau die Antwort auf diese Frage. Der US-Senat will mal wissen, was genau die Fed so getrieben hat in der Krise. Das gab’s vorher wohl noch nie. Und doch interessiert sich kaum jemand dafür.

 

Finanzwirtschaft plus Transparenz plus Vertrauen = freier Markt?

 

Also fassen wir mal zusammen: Manipuliert ist, wer etwas tut, ohne zu wissen, warum er das tut – und damit nicht seinen eigenen, sondern den Zielen anderer dient. Wichtig ist bei dieser Definition, dass man es nicht weiß.

 

Im Umkehrschluss kann man sagen: Ab dem Moment, wo die Ziele des Manipulators bekannt sind, ist es keine Manipulation mehr. Und der Manipulator kein Manipulator mehr. Sondern ein einfacher Marktteilnehmer. Das müsste die innere Logik des freien Marktes sein.

 

Das ist wohl der Grund, warum auch die Finanzpolitik und die Geldmedien fortwährend nach Vertrauen und Transparenz rufen. Transparenz bedeutet soviel wie Schutz vor Manipulation (in der genannten Definition). Vertrauen bedeutet soviel wie: Auch mal glauben können, ohne alles zu wissen.

 

Wenn man mal so betrachte, dann wird man das Gefühl nicht los: Sie rufen neuerdings deshalb alle nach Transparenz und Vertrauen, weil sie das finanzwirtschaftliche und renditeorientierte System nach wie vor aufrechterhalten wollen und dran glauben. Und sie sehen nicht, dass jeglicher Manipulationsvorwurf in der logischen Konsequenz die gesellschaftliche Bankrotterklärung des Finanzmarkts sind. Weil sie eben bestätigen würde: Die Ziele des Finanzmarktes sind nicht deckungsgleich mit den Zielen der Gesellschaft. Das Finanzmarkt-System hat keine gesellschaftliche Verantwortung übernommen und ist damit hinfällig. Aber wer denkt schon so radikal und konsequent....

 

Fazit:

 

Das war nun ein ziemlich gewagter Ausflug in die Dialekt der Marktmanipulation und des freien Kapitalmarktes, der ja bekanntlich alles regeln kann und soll.

 

Vielleicht ist es ja wirklich hilfreich. Sich einfach mal die Freiheit zu nehmen, und an diesem Spiel nicht teilzunehmen, nur um an Ende reicher zu sein als vorher – oder als andere...

 

Es muss sich halt jeder seine Meinung dazu bilden...

 

Wer zu mehr Transparenz und weniger Manipulation beitragen will, kann diesen Artikel ja teilen.... J

 

 

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