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Verbriefungen: Jetzt nur noch „Qualität“. Oder: Sie sind wieder daaahaaaa!

Perfide, perfider, am perfidesten: Am 7.7.2010 berichtet das Handelsblatt unter der Überschrift „ Kompromiss für Verbriefungen von Krediten gefunden“ über die Initiative der Großbanken, das Verbriefungsgeschäft wieder salonfähig zu machen ....

 

Wie war  das noch mit dem Verbriefungsmarkt? Also nochmal ganz kurz: Du bist eine Bank. Du vergibst Kredite, um die Wirtschaft funktionsfähig zu halten und deine Aufgabe als Bank zu erfüllen. Du sollst als Bank immer mindestens 8% - am liebsten 10% dessen, was du an Krediten vergibst, als Eigenkapital hinterlegt haben.  Damit du nicht auf die Idee kommst, Kredite auf Teufel komm raus zu vergeben – zum Beispiel Kredite, die du nicht vergeben solltest, weil sie zu riskant sind. Nur weil du scharf auf die Rendite bist. Die 8% bedeuten soviel, dass bis zu 8% der Kredite, die du vergeben hast, kaputt gehen könnten, ehe du pleite bist.

 

Ein prima Konzept, zu dessen Umgehung schon im Jahr 2003 Wege gefunden wurden:

 

Verbriefungen als Bilanzwaschmaschine

 

Da haben 13 deutsche Großbanken nämlich eine Gesellschaft gegründet, die heisst True Sales Initiative oder kurz TSI. Und die ist nur dafür gemacht, die Regeln, die es für Banken gibt, zu hintergehen. Und zwar – das ist das blöde dran – mit voller Zustimmung der Politik. Weil sie der Politik einredeten, dass es anders nicht mehr geht. Dass man eben eine besondere Art von Geschäften machen muss – weil man sonst leider keine Kredite vergeben kann ...

 

So wird’s gemacht

 

Und das geht so: Du bist eine Bank. Du vergibst Kredite, weil du scharf auf Kredite bist. Du weißt, dass du von jeder verliehenen Milliarde 8% Eigenkapital hinterlegen musst. Das findest du kacke. Denn du willst ja so viele Kredite wie möglich verkaufen. Egal was für welche. Hauptsache Umsatz und Gewinn. Deshalb erfindest du einen Trick: Du nimmst einfach deine Kredite und verkaufst sie wieder. Oder du bündelst sie und verkaufst sie an eine Gesellschaft, die extra zum Kaufen von deinen Krediten gegründet wurde. Und von dieser Gesellschaft kaufst Du dann womöglich Anteile. Oder du verkaufst die Anteile, die du schon hast und hast dann noch mehr Liquidität, um noch mehr Geld zu verdienen. Und plötzlich sind die Kredite nicht mehr etwas, das deine Bilanz belastet. Sondern etwas, das dir ermöglicht, noch mehr Kredite zu geben.  Und das findest du super. Es kann natürlich auch sein, dass es Phasen gibt, in denen in deinem eigenen Markt gar keiner deine Kredite  haben will, weil es genug andere gibt, die Kredite geben können. Das macht dir dann aber nichts aus. Weil irgendwo auf der Welt gibt es immer irgendjemanden, der dir Kredite verkaufen will, die du als Kredite in deine Bilanzen reinschreiben kannst. Und sie wieder herausnehmen....

 

So – naja fast so – funktioniert(e) das System tatsächlich.

 

So endet es

 

Dann kam also die Krise. Man hatte es wohl ein wenig übertrieben mit dem Erfinden von Luftbuchungen. Und plötzlich wollten sich die Banken selbst kein Geld mehr leihen. Und das Blöde war: Die ganzen großen Investoren – also Pensionskassen und so, die einen Haufen Geld zurückstellen müssen, damit sie irgendwann Renten aus bezahlen können – haben plötzlich auch keine Lust mehr, sich an solchen Geschäften zu beteiligen. Sie trauen dem Modell nicht mehr. Da müssen wir unbedingt was machen, sagen sich dann die Großbanken und die Leute von TSI....

 

Zauberwort: Qualität!

 

Schon am 2.3.2010 infiltrierten sie die Süddeutsche Zeitung, die leider wenig kritisch unter der Headline „Verbriefungen setzen Eigenkapital frei“ das von den Großbanken Vorgebetete berichtete:

 

„Doch wenn Banken Kredite in größerem Umfang verbriefen wollen, müssen die Investoren mitspielen. Ohne Nachfrage kein Angebot. Und das ist das Problem. Wörter wie ABS oder Verbriefung verbreiten noch zu viel Schrecken. "Die Portfoliomanager von Versicherungen oder anderen Großunternehmen könnten es in vielen Fällen intern nur schwer vermitteln, wenn sie wieder in verbriefte Produkte investieren würden", sagt Commerzbanker Ziese. Er bedauert diesen Umstand, weil deutsche und amerikanische Verbriefungen völlig unterschiedlich seien: "In Deutschland gibt es gar keine Subprime-Kredite, also Baufinanzierungen, hinter denen wenig Substanz steht. (...)Für Markus Becker-Melching, Geschäftsführer beim Bankenverband, geht es deshalb vor allem darum, "Verbriefungen vom Brandgeruch der Finanzkrise zu befreien". Deshalb sollen nach dem Modell der Privatbanken vor allem Wiederverbriefungen verboten werden. In den USA waren Papiere immer wieder gebündelt und neu strukturiert worden, so dass am Ende die Risiken überhaupt nicht mehr zu überblicken waren."

 

Ganz offen erklären die Banken also: Ja wir haben ein Vertrauensproblem. Schade, dass uns keiner mehr glauben will. Woran mag das nur liegen? An unserem Modell sicher nicht, weil das ist doch super! Also immer schön weiter gegraben:

 

Denn nun berichtete das Handelsblatt am 7.7.2010:

 

„Die Verbriefungsinitiative der Banken – die hinter dem Kürzel TSI steht – will zukünftig mit einem Gütesiegel für Qualität dem Misstrauen begegnen. Das Zertifikat „Deutscher Verbriefungsstandard“ soll für Kredite stehen, die überwiegend aus Deutschland kommen und die so behandelt werden, als ob sie in der Bankbilanz verbleiben.“

 

Wie nett! Endlich wieder Qualität! Gleiches Modell, gleiche Denkweise, nur neu angestrichen. Nur schade, dass das in Wahrheit so nicht funktionieren kann oder dürfte: Denn Qualität entsteht nicht wirklich dadurch, dass man sie behauptet. Das wollen sie uns nur einreden. Die ganzen „besten Banken“ Deutschlands.

 

 

Kreditklemme?

 

Man sollte nicht denken, dass die Vernunft eingezogen wäre. Die Lobbyarbeit der Großbanken funktioniert nach wie vor. Die These, dass man Verbriefungen bräuchte, um eine Kreditklemme zu vermeiden, ist die Waffe, mit der sie kämpfen. Haben wir wirklich nicht genügend Sparkassen, Volksbanken und auch Landesbanken, um den Kreditbedarf der mittelständischen Unternehmen zu decken? Wir waren im Grunde nie so reich wie heute. Nie gab es derartig viel Geld und Werte. Und die Banken haben kein Geld für Kredite, die sie auch in ihren Büchern behalten können? Seltsam, seltsam.

 

Umso seltsamer, als die Süddeutsche am 18.6.2009 unter der hoffentlich ironisch gemeinten Headline „Postbank leistet Erste Hilfe“ berichtete:

 

„Die Postbank will Wertpapiere des Typs verkaufen, die seit der Finanzkrise in Verruf geraten sind. Der Staatsbank KfW soll sie dabei unterstützen. Die staatliche Förderbank KfW will der Postbank beim Verkauf von Kreditrisiken am Kapitalmarkt helfen. Die Postbank plant zusammen mit der staatlichen KfW-Bank die Verbriefung eines Portfolios von Wohnungsbaukrediten. Es geht dabei um eine synthetische Verbriefung, also nur um den Verkauf von Risiken, nicht aber der gesamten Kredite an Investoren. Finanzkreisen zufolge ist das zu verbriefende Portfolio 1,5 Milliarden Euro schwer. Die Postbank bekomme dafür eine Garantie der Staatsbank in der selben Größenordnung, was aber bei solchen Verbriefungstransaktionen normal sei.“

 

Warte mal. Wem gehört die Postbank nochmal? Ach so ja: der Deutschen Bank. Und die will natürlich auch gern, dass ihre Postbank den Regeln entspricht, die sie selbst definiert hat....

 

Alles absehbar

 

Eines noch: Es gibt übrigens ein Papier der Deutschen Bundesbank von 2004. Indem sie die damals beginnende Verbriefungs-Hysterie beschreibt. Der Titel des Papiers: „ Instrumente zum Kreditrisikotransfer:  Einsatz bei deutschen Banken und Aspekte der Finanzstabilität“. Dort kann man im Fazit lesen:

 

"Insbesondere die Einschätzung des Risikos bei Übernahme einer Position bedarf der Sorgfalt. Ein weitgehendes oder gar ausschließliches Stützen auf Ratingurteile ist nicht hinreichend, allein schon deshalb, weil eine Ratingnote als ein eindimensionales Merkmal naturgemäß nicht eindeutig einem bestimmten Risiko-Ertrags-Profil zuzuordnen ist. (...) Zwar kann der Marktprozess das Auftauchen unerfahrener Teilnehmer im Prinzip selbst korrigieren, indem er mangelndes Risikomanagement mit Verlusten bestraft. Damit jedoch dieser für die Effizienz der Risikoallokation unerlässliche Sanktionsmechanismus kein systemisches Risiko hervorruft, ist eine risikoadäquate Unterlegung mit Eigenkapital notwendig.“

 

Mit geradezu hellseherischen Fähigkeiten sahen die Bundesbänker schon damals – also im Jahr 2004 - die Probleme, die kommen würden. Sprachen sie sich dagegen aus? Nein. Warum eigentlich nicht? Wohl einfach deshalb, weil man eben in den letzten beiden Jahrzehnten einer Regel folgte, die auch dann nicht richtig wird, wenn viele daran glauben: Die Regel nämlich, dass man jedes Geschäft machen muss, das man machen kann. Ein wenig Anstand hätte genügt um zu wissen: Lassen wir‘s lieber bleiben. Das nutzt unseren Kunden nicht.

 

Kurzes Fazit:

 

Es ist wie es ist. Sie sind wieder daaahaaa! Was können wir dagegen tun? Wir können als allererstes nicht alles glauben, was wir lesen und selbst nicht jedes Geschäft machen, nur weil man es machen kann.

 

Dann können wir unsere Bänker einfach mal fragen

 

- was die Bank von Verbriefungsgeschäften hält

- ob die Bank an Verbriefungsgeschäften beteiligt ist

- was sie von der TSI hält

- für wen sie da ist.

 

Gefallen uns die Antworten, bleiben wir bei der Bank. Wenn nicht? Dann nicht!

 

Noch etwas? Natürlich: Ihr könnt auch jederzeit

 

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Klar sind das nur kleine Schritte. Aber besser als nichts. Davon hat jeder was – und ganz ehrlich: Wir auch!

 

 

 

 

 

 

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