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Die drei Optionen für die WestLB. Oder: Das Ende der Alternativlosigkeit...

Faznet (16.2.11) „ Mehrere Optionen für die angeschlagene West LB“. Zur von der EU geforderten termingerechten Lieferung einer Lösung für die WestLB wird ein „EU-Diplomat“ zitiert: „Da stellt sich die Frage, wieso es zwei Meinungen in Deutschland gibt, eine Meinung der Bank und eine der Regierung“. Die Bundesregierung habe das Problem nun nach Brüssel abgewälzt.“ Die europäischen Wettbewerbshüter würden bis Juli einen Beschluss fassen.

 

Ach endlich! Endlich gibt es mal wieder Alternativen! Das mit Angie’s ewiger Alternativlosigkeit war ja irgendwie echt auch langweilig geworden.

 

Und da wird nun eine kräftige Welle gemacht, weil da von der WestLB selbst  - bzw. ihren Eigentümern – und der Bundesregierung scheinbar alternative Konzepte vorgelegt wurden. Warum gibt es da überhaupt unterschiedliche Modellbauer? Mal eben aufarbeiten:

 

Die drei Optionen

 

Es ist zwar im Grunde nicht wirklich interessant, welches die angebotenen Optionen sind, aber hier ist mal ein kurzer Auszug aus einer Meldung von Reuters (16.2.11):

 

Plan 1: (Modellbauer: WestLB)

 

-          erneute Reduzierung der Bilanzsumme um 30 Prozent bis 2015

-          Aufspaltung in einzelne Einheiten unter dem Dach der WestLB

-          Möglichkeit von Verkäufen oder Fusionen einzelner Einheiten

-

Plan 2: (Modellbauer: Bund)

 

-          Aufspaltung

-          Verbundbank der Sparkassen

-          Ausgliederungen maroder Teile auf die Bad Bank EAA

 

Plan 3: (Modellbauer: Auch Bund)

 

-          Komplett-Verkauf der WestLB

 

Soviel also hierzu. Und nachdem das einmal gesagt ist, können wir jetzt ja lustig drauflos philosophieren. Das bringt genau so viel oder so wenig, wie die etwas hilflos Statusmeldungen, die man derzeit überall liest. Unter anderem eben auch in der FAZ.

 

Gleiche Chancen für alle

Also, betrachten wir zunächst einmal die grundsätzliche Lage:

  • Viele Banken haben vor der Krise Fehler gemacht.
  • Diese Fehler waren einem System geschuldet, das sowohl in Deutschland als auch in Europa von der Politik gefördert wurde: Der Verbriefungsmarkt.
  • Dieses System wurde von den wenigstens wirklich durchschaut
  • Deshalb haben viele Banken sich eine derart blutige Nase geholt, dass der Staat einspringen musste.
  • Nicht jeder Bank drohte die EU mit Abwicklung.

 

Soviel mal hierzu. Nächster Schritt:

 

Der Verbriefungsmarkt

 

Die meisten Verluste, die in der Krise entstanden sind, beruhen auf einer unkontrollierten Hyperaktivität auf dem Verbriefungsmarkt. Die Argumente, die damals und heute für Verbriefungen gebetsmühlenartig vorgebracht werden:

 

  • Mit dem sogenannten Kreditersatzgeschäft kann eine Bank als Kreditgeber die Bücher freiräumen, um Platz für neue Kredite zu schaffen.

 

  • Mit dem Verbriefungsmarkt kann man gerade den Finanzstandort Deutschland stark machen.

 

Wie gut diese Argumente unterm Strich waren, hat man ja eindrucksvoll inszeniert  gesehen. Die Verbriefungsmaschinerie diente nicht wirklich der Schaffung von mehr Freiraum zur Kreditvergabe, sondern wurde zu einem „Geschäftsmodell“ hochgejubelt. Und dann zu einem schwarzen Loch, das Geld anzog. Aber gut, lassen wir das Lamentieren...

 

Der Wettbewerb

 

Nächster Schritt: Die EU schießt sich auf die WestLB ein. Bei der Auslagerung von Problempapieren habe die WestLB 3,4 Milliarden Zuschüsse bekommen und andere Banken nicht. Die EU sagt, das sei wettbewerbsverzerrend. Das liegt nun einfach an zwei Dingen: Zum einen daran, dass der Wettbewerbsgedanke derzeit das tragende Element in der europäischen Philosophie ist. Es muss quasi immer ein Kampf mit gleichen Chancen und Waffen möglich sein. Abweichungen soll’s da nicht geben.

 

Bad Bank

 

Zum anderen scheint die Art und Weise, wie die staatlichen Mittel bei der WestLB verbucht worden sind, eben eine andere zu sein als zum Beispiel bei der Commerzbank. Die hat während der Krise bekanntlich nicht 3 Milliarden, sondern gleich 18 Milliarden vom Staat angesaugt. Aber halt offenbar doch schlauer. Wenn schon dann richtig. Keine Salamitaktik. Weil sie ja eine börsennotierte Privatbank ist. Too big to fail.

 

Die Commerzbank hat offenbar Vorteile. Offenbar kennen Privatbanken dieses ganze Finanzmarkt-Geschäft und auch die nötigen Bilanztricks wohl einfach besser als die tumben Landesbänker, die scheinbar viel mehr als die Privatbanken jeweils das zu glauben bereit sind, was in der Zeitung steht. Wer weiß es schon. Allemal griff die WestLB auf das vor zwei Jahren überall proklamierte Wundermittel „Bad Bank“ zurück. Das muss ja irgendwie auch politisch gewollt gewesen sein, das mal so zu machen. Also gründete sie die Erste Abwicklungsanstalt. Und nannte sie auch so. Aber irgendwie muss die Möglichkeit, schlechte Karten einfach unter den Tisch fallen zu lassen, aus Wettbewerbssicht doch nicht so prickelnd sein. Sonst würde sich die EU ja nicht so drüber beschweren. Und jetzt soll die WestLB selbst abgewickelt werden. Wenigstens wird damit permanent gedroht. Irgendwo muss da ja doch was falsch gewesen sein an dem Konzept. Irgendwie hatte man sich ja eh schon drüber gewundert, dass so was überhaupt geht mit den Bad Banks und so. Aber naja. Ganz ehrlich: Dies alles ist kaum noch zu verstehen. Mit gesundem Menschenverstand und gesellschaftlichem Denken kommst du hier nicht mehr weit.

 

Neu: Schlechtere Ratings für subventionierte Banken

 

Aber der Markt wird’s halt schon regeln. Grade kürzlich verkündete ja eine der drei Rating-Agenturen (deren hochwertige Arbeit ja bekanntlich ein tragender Bestandteil der Krise war), dass sie in Zukunft für Banken mit staatlicher Subvention das Rating verschlechtern werde. Wohl, um eben den Wettbewerb wieder grade zu stellen. Naja. Dazu ein andermal mehr.

 

Eine Frage des Rückgrats

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Warum hängt sich die Politik in die WestLB rein? Wegen der Milliarden? Nein wohl eher deshalb weil sie mittelbar oder unmittelbar mit den Landesbanken verstrickt ist – und weil eben alles irgendwie zusammen gehört. Es gibt Banken, die für das Gemeinwohl vorgesehen. Und es gibt Banken, die für die Aktionäre arbeiten. Worüber muss man sich da wundern? Höchstens darüber, dass diesen Unterschied wohl keiner sehen will.

 

Nein, die WestLB ist keine Privatbank. Man sollte sie auch nicht als solche betrachten- und wenn’s noch so modisch ist, das zu tun. Sie ist eine Landesbank. Erst vor sechs Jahren ist sie überhaupt insolvenzfähig geworden. Und sollte sich dann zügig ein Geschäftsmodell zulegen. Was sie ja auch tat: Sie machte das, was alle machen. Nur halt noch etwas ungeschickter als andere. „Wird schon richtig sein, wenn’s alle so machen und die Politik nicht widerspricht“, so mag sie sich gedacht haben. Aber sie hat eben vieles nicht verstanden.

 

Vor allem hat auch sie nicht verstanden, dass eine Landesbank eine Landesbank ist. Sie dient gesellschaftlichen Zwecken. Das ist ihr Geschäftsmodell. Dass sie das vergessen hat, daraus könnte man ihr einen Vorwurf machen. Aber für diese Erkenntnis hätte es sehr viel mehr gebraucht als nur einen trotzigen Widerstand gegen die Finanzmarkt-Mode. Es hätte gesellschaftliches Rückgrat gebraucht. Einer Bekenntnis zur dienenden Funktion einer Landesbank hätte das vor allem bedurft. Und genau dieses Selbstverständnis wurde auch den Landesbanken ja systematisch ausgetrieben. Alle wollten kleine Ackermänner sein. Obwohl das nicht sein kann. Nein, die WestLB hat also in diesem Sinne keine gleichen Chancen gehabt. Aber auch das sei jetzt mal egal.

 

Fazit

 

Also nochmal: Die WestLB ist aufgrund ihrer Gesellschafterstruktur – Länder und Sparkassen – eben keine normale Bank. Vielleicht soll sie ja auch keine sein. Vielleicht hätte sie ja auch gar keine werden sollen. Ja, die WestLB mag während und nach der Krise - auch in den Jahren vor der Krise - keine besonders smarte Bank gewesen sein. Und sie mag auch darunter leiden, dass sie Anfang der 70er Jahre die größte Bank von ganz Deutschland war. Eine stolze Bank. Vielleicht eine Bank auf dem zu hohen Ross. Mag sein, mag sein. Aber auch das spielt alles keine wesentliche Rolle.

 

Denn im Wesentlichen ist sie einfach nur eine Landesbank, die im dreigliedrigen Bankensystem dem öffentlichen Sektor zuzurechnen ist.  Und dieser Status droht immer weiter ausgehöhlt zu werden – bis zum bitteren Ende. Daran kaut selbst die christ-liberale Bundesregierung. Und versuchte mit Merz verzweifelt, Investoren zu finden, an die man die WestLB verkaufen könnte. Die einzigen, die sich als Bieter fanden, waren aber dummerweise Finanz-Investoren, die mittelbar oder unmittelbar mit Hedge Fonds zusammenarbeiten. Nein so liberal ist selbst die aktuelle Regierung nicht. Denn das würde ja tatsächlich bedeuten, sich ganz und gar dem Markt und dem Wettbewerb hinzugeben. Das will man nun auch nicht. Und das ist gut so.

 

Oder die große chinesische Bank, die da angeblich auch im Rennen war? Nein, das wollte man nun auch nicht.

 

Und so scheinen am Ende die laut Faznet bei der EU abgelieferten Optionen im Grunde relativ ähnlich gewesen zu sein. Das Wettbewerbsproblem der EU wurde an die EU zurückgespiegelt. Mal abwarten wie’s weitergeht. Wir sehen uns!

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