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Deutsche Bank: gerechte Verteilung?

Jetzt mal ein komplexeres Thema: Unter dem Motto „gerechtere Verteilung“ berichtet FAZ.net („Das Gleichgewicht ist noch fern“, 8.2.13) über den Ärger von Deutsche-Bank-Shareholdern über das Missverhältnis von Mitarbeiter-Boni (man spricht von 3,2 Mrd) und Dividenden (das seien „nur“ 770 Mio). Und dann kommt’s: Um die stiefmütterliche Behandlung der Aktieneigner noch deutlicher zu machen, macht FAZ.net eine Rechnung auf, die tief blicken lässt!

Während die 98.219 Mitarbeiter für 2012 insgesamt „13,5 Milliarden Euro“ bekommen hätten, hätten die 660.000 Aktionäre eben grade mal 770 Millionen Euro bekommen! Über so eine Gegenüberstellung muss man wirklich mal eine Weile nachdenken:

Wir lassen jetzt mal die offensichtliche Tatsache beiseite, dass es bei der Deutschen Bank ein großes Gefälle zwischen dealenden Investment-Bankern und nach Tarif bezahlten Schalterbeamten gibt. Stattdessen fragen wir uns mal, auf welche Denkhaltung der von FAZ.net einfach mal so durchgeführte direkte Vergleich von Arbeitslohn / Gehalt und Dividende schließen lässt. Braucht man denn tatsächlich ein "Gleichgewicht" zwischen Arbeitslohn und Dividende? Wer braucht das wirklich?

Wenn man das mal so sehen will, kommt man schnell ins Philosophieren: Gibt es in diesem Denksystem keinen Unterschied mehr zwischen „Arbeit“ und „Dividende“?

Welche Rolle spielt der Begriff der Arbeit – die ja laut Marx „die Würde des Menschen“ ist – in diesem Denksystem noch? Der Begriff der Arbeit ist ja eng mit dem Begriff des Mehrwerts verbunden. Schaffen börsennotierte und auf das „unverhandelbare“ Ziel der Schaffung von Rendite für ihre Shareholder fokussierte Großbanken überhaupt einen gesellschaftlichen Mehrwert? Blickt man aufs Investment Banking, könnte man hier schon mal den Kopf schütteln. Nein, das ist wirklich nicht ihr Ziel. Wir erinnern uns: Nachdem vor etwa zwei Jahren die extrem hohen Boni für Investment Banker allgemein kritisiert wurden, änderte u. a. auch die Deutsche Bank ihren Auszahlungsmodus: Die Grundgehälter der Investment-Banker wurden erhöht und die Boni dafür reduziert. Diese Änderung interessierte damals zwar genau genommen keinen toten Hund, war aber trotzdem insofern bemerkenswert, als man dadurch wieder eher sagen konnte: Die Investment Banker werden ja für ihre Arbeit bezahlt. Allerdings gibt es ja das Beteiligungsmodell, bei dem Boni zum Teil in Form von Aktienoptionen der Bank ausgeschüttet werden. Man kann also sagen: Wenn der „Lohn der Arbeit“ eines Investment Bankers die Aktie ist, ist er auch kein Arbeiter mehr, sondern eben auch ein Shareholder. Die Grenze verschwimmt.

Aus dieser Sicht könnte man das Konzept der „Trennbanken“, bei denen Investment-Banking und Eigenhandel vom normalen Bankengeschäft getrennt werden soll, auch so interpretieren: Auf der einen Seite wird im klassischen Sinne „gearbeitet“ und eventuell auch gesellschaftlicher Mehrwert geschaffen, auf der anderen Seite eben nicht.

Und hier wird die von FAZ.net mal eben durchgeführte direkte und undifferenzierte Gegenüberstellung aller Löhne und Gehälter mit den Ausschüttungen für Shareholder zu einer sehr brisanten Rechnung: Wer das Denk- und Rechensystem des Kapitals unhinterfragt übernimmt, greift die Würde derjenigen an, deren durchschnittlicher tariflicher Verdienst eben weder sieben- noch sechsstellig ist.

Und das liegt eben wieder daran, dass wir zwar in einem kapitalistischen System leben – aber halt trotzdem doch nicht alle Kapitalisten sind. Auch wenn man uns auf allen Ebenen – z. B. bei der „privaten Altersvorsorge“ – dazu machen will.

Und darüber müsste man wirklich mal nachdenken - auch bei FAZ.net…
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