claim von gute-banken

Absolute Return: Hedge Fonds für Privatanleger. Oder: Deutsche Bank will an die Spitze.

In einem Interview mit der Börsenzeitung („Deutsche Bank will im Asset Management zulegen“, 15.3.11) gibt der Chef der Vermögensverwaltung (Asset Management) der Deutschen Bank seine Pläne preis: Der Bereich will Hedgefonds-Produkten vor allem über DWS als Fonds-Tochter der Deutschen Bank jetzt auch Privatanlegern anbieten…

 

Beginnen wir mal ganz am Anfang: Eine alte Weisheit, die unter anderem auch dem 1999 gestorbenen Börsenguru André Kostolany zugeschrieben wurde, lautet sinngemäß, die Börse sei der Ort, auf dem „das Geld von den Ungeduldigen zu den Geduldigen wandert.“ Das war mal so. Heute scheint der Kapitalmarkt der Ort zu sein, an dem die Verantwortung von den Menschen in Rechenoperationen wandert. Ganz vorne mit dabei: Die Deutsche Bank.

 

Im Interview spricht der Deutsche Bank-Manager über den derzeit immer heißer angepriesenen „Absolute Return“-Ansatz, über asymmetrische Ertragsprofile und über die Portfoliotheorie. Was ist das eigentlich alles?

 

Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben…

 

Hedgefonds – Schimpfwort und Spielwiese

 

Bevor wie uns den genannten Themen zuwenden, wollen wir doch mal hören, was genau und warum die Deutsche Bank das den Privatanlegern anbieten will:

 

„Wissen Sie, Absolute Return war die Spielwiese der Hedgefonds. In

Deutschland aber ist Hedgefonds ein Schimpfwort. Bereits der Internet-Crash aber hat uns gezeigt, dass Hedgefonds in fallenden Märkten eine Outperformance (Anm.: besser als Vergleichswerte sein) entwickeln können. Die zurück liegende Dekade hat eine neue Ära eingeläutet, und die DWS reagiert auf diese Veränderungen.  Wir wollen uns nun an die Spitze setzen…

 

Es ist wirklich markant, wie so ein gut geschulter Deutsche Bank-Manager innerhalb von drei Sätzen eine Position aufbaut. Diese  Position lautet sinngemäß einfach:

 

1.      Hedge Fonds sind doch eigentlich etwas Gutes, weil sie ja am ehesten Gewinne versprechen

2.      Das ist nicht so weil wir das so wollen, sondern weil die Leute und der Markt  und das neue Jahrhundert es halt wollen.

3.      Weil sie schlauer ist, erkennt die Deutsche Bank die Veränderung und „reagiert“ am schlausten, in dem sie das einfach gleich mal anbieten.

 

Eine einfache, aber wirklich grandiose Rhetorik: Die Verantwortung wird mit drei Sätzen auf den Markt geschoben. Das Asset Management der Deutschen Bank reagiert nur. Ja gut, könnte man sagen – aber muss man denn alles machen, nur weil’s der Markt verlangt? Ach ja, das wäre ja nur dann die richtige Frage, wenn Verantwortung eine ernsthafte Rolle spielen würde. In der rationalen Kühle der gemessenen und berechneten Zahlenspiele ist „Absolute Return“ der Bringer. Da muss man mit so was nicht kommen.

 

Hedge Fonds

 

Also Hedge Fonds. Hedge Fonds, so bringt der Deutschbänker uns bei, sind ja auch in Krisen noch besser als der Markt gewesen – an anderer Stelle im Interview sagt er auch, im jüngsten Crash hätten ja  Hedgefonds zwar auch etwa 15% verloren, aber welche Asset-Klasse, „ausgenommen Staatsanleihen“, hätte denn keine Verluste gehabt? Und außerdem hätten die Hedgefonds ihre Verluste ja schnell wieder wett gemacht, während Aktien ihre Höchststände noch nicht wieder erreicht haben.

 

Einfach Frage: Wie machen Hedge Funds das eigentlich? Die Antwort auf diese Frage ist eher kompliziert. Im Grunde bedeutet Hedging eigentlich nur soviel wie „absichern“. Machen wir’s mal einfach und schlagen nach bei Gablers Wirtschaftslexikon:

 

Hedging - Verringerung eines Risikos durch Kombination negativ korrelierter Einzelpositionen. Die Risiken der einen Position werden durch die Chancen der anderen teilweise kompensiert.

Verstanden? Wenn ja: Respekt! Wenn nein, noch eine kurze Erklärung dazu: Beim Hedging machst du nie nur ein einzelnes Geschäft.  Du baust immer eine komplexe Konstruktion aus verschiedenen Geschäften, die sich zum Teil ergänzen und zum Teil in ganz andere Richtungen zielen.

 

Wichtig ist dabei vor allem eines: Du darfst die Risiken nicht bei dir behalten! Deshalb findest du in der Gesamtkonstruktion immer Wege, sie an andere weiterzugeben. Soweit klar? Gut! Probieren wir es jetzt mal einen weiteren vertiefenden Erklärung aus Gablers Wirtschaftslexikon:

 

Der Hedger überträgt die Zins- und Wechselkursrisiken auf einen Kontrahenten, der entweder das Risiko aus spekulativen Motiven übernimmt oder ein entgegengesetztes Risiko abzusichern versucht. Dabei werden die Cash-Positionen durch zeitlich und wirtschaftlich kongruente Hedge-Instrumente aus dem Bereich der Termingeschäfte gesichert, so z.B. durch Financial Futures, Collars, Caps, Floors, Optionen. 

 

Es geht also wie man sieht um Absicherung. Nun könnte man sagen: Die Absicherung von mit Werten verbundenen Risiken war irgendwann einmal wirklich der alleinige Kern des Hedging-Gedankens: Man sichert Wert A mit einem Sicherungsgeschäft B  ab.

 

Heute ist das anders: Heute handelt man nicht mehr mit Werten, sondern mit Wetten und Risiken. So entsteht ein Netz von Risiken und Wetten, bei denen keiner mehr das gesamte Risiko für einen einzelnen Wert allein trägt. Klingt solidarisch. Ist es aber nur begrenzt. Weil es im Kapitalmarkt einfach so ist und immer so bleiben wird: Der Gewinn des einen ist der Verlust des anderen.

 

Das Ganze ist also eigentlich ein Nullsummenspiel. Allerdings eben nur theoretisch. Denn praktisch gesehen gibt es eben immer Gewinner und Verlierer.

 

Absolute Return

 

„There is no free Lunch“ bringt uns übrigens auch ein Papier der Deutsche Bank Advisors zum Thema „Absolute Return – Rendite mit Airbag“ bei. Und hier kommen wir zum Thema: Der Begriff Hedge Fonds mag in Deutschland ein Schimpfwort sein. Die Instrumente sind und bleiben aber legal. Man tauscht also einfach das Wort aus – und schon passt’s wieder.

 

Der Ankerbegriff und gleichzeitig die Schönfärberei ist heute nicht mehr Hedging sondern „Absolute Return“. Was mag das sein? Die einfache Antwort: Absolute Return ist das paradiesische Versprechen an jeden Anleger: Eine sichere Anlage, die auf jeden Fall Rendite bringt – egal wie groß die Risiken auch sein mögen – weil die Risiken eben solange über Hedging abgesichert werden, bis keiner mehr weiß, wo oben und unten ist. Aber so würde man das nie sagen. Heute nennt man das anders…

 

Asymetrisches Ertragsprofil

 

Die technische und eben so euphemistische Begrifflichkeit ist heute, so bringt es uns unterem der Deutsche Bank-Chef des Assetmanagements bei: „Asymmetrische Ertragsprofile“! Als Basis des „Absolute Return“-Konzepts  beschreiben sie ein Anlagekonzept, bei dem die Höhe der erwartete Rendite nicht linear mit der Höhe des erwarteten Risikos korreliert. Das Verhältnis hohe Rendite hohes Risiko war gestern. Heute trägt man asymmetrisch. Also eine sichere Rendite mit eng begrenztem - weil über Hedging abgesichertem - Ausfallrisiko.

 

Die Frage, die sich hier stellt, ist nicht: Kann es eine sichere Rendite heute grundsätzlich noch geben? Das kann es nämlich tatsächlich – wir kennen das im Grunde schon vom Sparbuch her. Allerdings hatte das Sparbuch ein eher symmetrisches Risikoprofil. Das Ausfallrisiko war sehr gering – die Rendite auch. Aber früher machte das den Menschen nichts…

 

Also noch einmal: Ein asymmetrisches Verhältnis zwischen Rendite und Risiko - kann es das auf die Dauer und vor allem gesamtgesellschaftlich geben? Der Blick auf die Website der Deutsche Bank-Fondstochter sagt uns, was sie sagen muss:

 

Zusätzliche rechtliche Hinweise zu Dach-Hedgefonds

Der Bundesminister der Finanzen warnt: Bei dieser Kategorie von Investmentfonds müssen Anleger bereit und in der Lage sein, Verluste des eingesetzten Kapitals bis hin zum Totalverlust hinzunehmen.

 

Seltsam eigentlich… aber es wäre ja auch zu seltsam gewesen. Eigentlich. Oder steht das da nur und man glaubt doch, das Perpetuum Mobile gefunden zu haben?

 

Alpha und Beta

 

Der Trend, den die Deutsche Bank nach Angaben des Asset-Management Chefs schon 2005 gesehen habe, liege im Grunde darin, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Individualisierung sei. Und dass die Lösung eben in der Abkoppelung des Alpha  vom Beta liege. Was um Himmels willen bedeutet das? Auch hier eine einfache Erklärung:

 

Besteht für die Abhängigkeit von Marktbewegungen – wenn du nur in Aktien investierst, bist du vom Anlageverhalten des ganzen Marktes abhängig. Das ist Beta: Geht der Markt rauf, gehst du mit rauf. Geht der Markt runter, gehst du mit runter. Blödes Prinzip – total solidarisch. Wer will das im individuellen Jahrhundert noch haben?

 

Da ist „Alpha“ viel besser: Alpha ist nämlich die Erzielung von absoluten marktunabhängig positiven Erträgen. Im 21. Jahrhundert hat man also erkannt, dass das viel besser ist. Genau genommen haben das die Hedge Fonds als erste erkannt. Weil sie nämlich nicht nur einfach investierten und auf Marktbewegungen hofften. Sondern sich eben aus dem solidarischen Netz der Investoren ausgeklinkt und stattdessen mit einzelnen institutionellen Investoren individuelle Zielvereinbarung ausgehandelt, Risiken gesammelt und auf andere verteilt haben. Cool!

 

Aber strukturell kennen wir das ja schon von der Immobilienkrise – oder um es mit den schönfärberischen Worten des genannten Deutsche Bank Advisors zu sagen: Dem „Jahrhundertereignis 2008“! Da wurden Risiken auch als Sicherheiten verkauft und die Sache wurde auch so kompliziert gemacht, bis am Ende keiner mehr wusste, was wo drin war und keiner mehr irgendjemandem trauen wollte.

 

Moral Hazard

Wir resümieren mal schon: Hedging bedeutet soviel wie „maximale Reduktion von Risiken“ –hört sich an sich an wie ein gutes Ziel. Allerdings hat der traditionelle Kapitalmarkt hier einen schwierigen psychischen Nebeneffekt eingebaut, den die Politik in den letzten Jahren immer mal wieder mal gerne nachplapperte:

 

Wer keine Risiken hat, unterliegt dem „Moral Hazard“ (also der Problematik, dass man alles technisch Mögliche auch durchführt – geringes Risiko / geringe Verantwortung.) Den Moral Hazard beschreibt unter anderem der Lehrstuhl für Empirische Mikroökonomik Fakultät Sozial-und Wirtschaftswissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Studie zum „Moral- Hazard-Problem auf dem Arzneimittelmarkt“) im März 2010 sehr schön:

 

„Der Begriff „Moral Hazard“ hat seinen Ursprung in der amerikanischen Feuerversicherung und wurde mit fahrlässigem Verhalten der Versicherten oder vorsätzlicher Brandstiftung in Verbindung gebracht (…). In der deutschen Versicherungsliteratur findet sich häufig die Übersetzung „subjektives Risiko“ oder „moralisches Risiko“. Diese Bezeichnungen können jedoch leicht zu falschen Schlussfolgerungen führen. Moral Hazard ist weniger ein moralisches Problem als vielmehr eine durch die Versicherung induzierte Verhaltensänderung seitens der Leistungsnehmer oder –erbringer (…).“ 

 

Um es einmal so grob zu sagen: Je leichter vorhandene Risiken künstlich reduziert – das heißt auf andere verteilt werden können, desto mehr besteht die Gefahr der Brandstiftung. Das ist ganz offenbar ein systemisches Problem:

 

Weil und solange es dafür die richtigen Instrumente gibt, findet der Hedger auch immer jemanden, der zum Beispiel auf den Gewinn oder Verlust eines Wertes wetten und ihm das Risiko abnehmen will.

Der Moral Hazard ist in diesem Sinne eine reine Erfindung des Kapitalmarkts – eine Art Schutzbehauptung für die Spielsucht des Systems selbst. Die „Abkoppelung von Alpha und Beta. Etwas, wovor man hin und wieder gerne warnt. Und etwas, dass es außerhalb der Regeln des Kapitalmarkts  - also in der Gesellschaft  der Menschen – in dieser Form nicht gibt. Den Moral Hazard mit der alten Formel „Gelegenheit macht Diebe“ gleichzusetzen greift deshalb deutlich zu kurz. Das ganze System basiert auf dem Bereithalten von „Gelegenheiten“ – es ist selbst die Gelegenheit. Diebstahl ist in der Gesellschaft nicht legitimiert, im Kapitalmarkt schon: Hedging und Absolute Return sind die unsolidarischste Geldanlagestrategie, die man sich vorstellen kann. Kapitalmarkt-Autismus, der gut rechnen kann. Nicht mehr.

Fazit

Aus all dem folgen drei Dinge:

 

1.      Hedging ist möglich, weil es Hedging-Instrumente und Wetten auf alles mögliche gibt.

2.      Wer Hedge-Fonds einschränken will, muss im Grunde die Hedging-Instrumente verbieten oder eben „die Hecke“ deutlich zurechtstutzen.

3.      Solange diese Instrumente nicht deutlich gestutzt werden, hat es wenig Sinn den Hedgern moralisch zu kommen. Wenn überhaupt wäre ein gesamtwirtschaftlicher Nachweis die einzige alternative Lösung, das Spiel zu unterbrechen.

 

Aber weder das eine noch das andere ist derzeit in Sichtweite. Im Gegenteil: Da die Politik nach wie vor dem so logisch klingenden Vorbeten des Kapitalmarkts folgt, wird dieser „hedgende“ Umgang mit Risiken salonfähig gemacht.

 

So feiert sie auch der Deutsche Bank Manager in der Börsenzeitung:

 

„Hedgefonds bieten nun einmal ein asymmetrisches Ertragsprofil, und diese Asymmetrie beinhaltet etwas überaus Wichtiges: Kapitalerhalt. Wenn sie

50% ihres Kapitals verlieren, brauchen sie sehr lange, um das wieder

''aufzuholen. 2000, 2001 und 2002 sanken jeweils die Aktienkurse. Hedgefonds

entwickelten sich dagegen positiv.“

 

Na also! Sollen die anderen verlieren und der Steuerzahler die Zeche zahlen – die schlauen Privatanleger sollen einfach zur Deutschen Bank bzw. zur DWS kommen! Noch ein Zitat aus dem Interview:

 

„Die zurückliegende Dekade hat eine neue Ära eingeläutet, und die

DWS reagiert auf diese Veränderungen. Wir wollen uns nun an die Spitze setzen (…)“

 

Und nun? Ja, nun liegt es jedem einzelnen von uns, dies alles erstens zu glauben und sich ggf. eine blutige Nase zu holen oder sich einfach mal zu fragen, ob sich das Hasardieren, das Wetten und das Ausklinken  aus solidarischen Systemen überhaupt noch irgendwie mit Moral vertragen kann.

 

Hilfreich wäre sicherlich auch die Anfrage beim eigenen Bänker,

 

o   was er von Hedge Fonds hält

o   welche Hedging-Strategien die eigene Bank anbietet

o   ob die Bank „Absolute Return“ oder nur „relative Return“ verspricht

 

Wie immer gilt: Wenn uns die Antworten gefallen, bleiben wir bei der Bank. Und wenn nicht? Ja, dann lieber nicht…

 

Kann man sonst noch etwas tun? Klar:

 

-          Wenn Euch dieser Artikel gefallen hat, teilt ihn einfach in Facebook

-          empfehlt unsere Seiten in Facebook gerne und oft weiter

-          weist Eure Freunde und Bekannten auf unsere Seiten im Web unter www.gute-banken.de

-          bewertet Eure Bank auf unserer Website

-          noch besser: schreibt auf gute-banken.de einen Bericht über Eure Erfahrungen mit Euren Banken!

 

Wir freuen uns über Eure Unterstützung! Weil das allen helfen würde. Und ganz ehrlich: uns auch!

weitere Einträge

Kommentare

Kommentar schreiben

Bleiben Sie bitte sachlich und themenbezogen in Ihren Beiträgen und unterlassen Sie bitte links- und rechtsradikale, pornographische, rassistische, beleidigende und verleumderische Aussagen.