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Wenn alle Banken sich am Gemeinwohl orientieren würden, müsste man sich weniger Sorgen machen…

Die Süddeutsche Zeitung („Die Geld-Revolution“, 3.5.15) berichtet – mal wieder – über eine Initiative zur Abschaffung der sogenannten „Geldschöpfung“ durch Banken. Dieses mal kommt sie aus Island…

Die Debatte über das sogenannte Giralgeld und die Geldschöpfung durch Banken wird seit einigen Jahren immer mal wieder geführt – zum Teil auch von Seiten, die im Grunde ganze andere Zielsetzungen verfolgen. Na, gehen wir der Sache mal trotzdem nach.

Die Hauptkritik am jetzigen System der „Geldschöpfung“ , so der Artikel, sei also, dass „Banken Geld quasi aus dem Nichts erschaffen können, indem sie einem Kunden Geld leihen.“ Das wird immer wieder gerne als gefährlich betrachtet. Der Vorschlag der Isländer deshalb: Banken sollen lieber kein Geld mehr produzieren dürfen, dieses Privileg soll besser nur der Zentralbank vorbehalten sein. Und dann kommt’s: „Hauptziel des Vollgeldsystems soll aber sein, in Zukunft einen Absturz wie in der Finanzkrise 2008 zu verhindern.“ Naja.

Tatsächlich ist der Vorgang der sogenannten Geldschöpfung eher ein abstraktes Modell. Gablers Wirtschaftslexikon definiert ihn folgendermaßen:

Geschäftsbanken verfügen über freie liquide Mittel (freie Liquiditätsreserven), mit deren Hilfe sie Kredite gewähren können. I.d.R. werden diese Kredite zu dem Zweck aufgenommen, Zahlungen für Käufe von Gütern und Dienstleistungen vorzunehmen. Somit kommt es wieder zu Einzahlungen bei Banken bzw. zu neuen Einlagen im Bankensystem. Da die Einlagen bei Banken Forderungen gegen das Bankensystem darstellen, werden diese als Geld bezeichnet. Zusätzliche Kredite führen also über die Einlagenbildung zu einer Vermehrung der Geldmenge. (…)

Wer das nun nicht verstanden hat, muss sich nicht grämen. Denn bei genauerer Betrachtung geht es in dem Artikel über diese Initiative aus Island ohnehin um etwas anderes:

Worum es wirklich ging…

Die Finanzkrise 2008, so der Artikel, habe das kleine Island besonders hart getroffen. „Die Banken hatten sagenhafte Summen angehäuft, ihre Schulden überstiegen die isländische Wirtschaftsleistung um ein Vielfaches.“ Ungeachtet dieses Ungleichgewichts hatten ausländische Investoren, durch hohe Zinsen und eine stark überbewertete isländische Krone angezogen, erst massenhaft Geld ins Land gepumpt und dann, „als das System zusammenbrach, umso schneller wieder abgezogen“.

Was hier allerdings nicht erwähnt wird, ist der Umstand, dass die Isländischen Banken das angelegte Geld ihrerseits wieder in riskante Asset Backed Securities (ABS) in den USA anlegte – sprich: In Verbriefungen. Dazu später noch ein wenig mehr. Naja, und nachdem dann die Subprime-Krise die Werte dieser Anlagen massiv reduzierte, wurde das geschaffene Ungleichgewicht zwischen gedrehtem Geld und Wirtschaftsleistung klar. Ergebnis: Die isländischen Banken saßen auf Schulden, für die das kleine Island nicht aufkommen konnte. Die Banken gingen pleite. Und seither, so der Artikel, schirmen Kapitalverkehrskontrollen Island „von den Geldströmen der Weltwirtschaft weitgehend ab“.

Nun darf ja vom Grundsatz her schon die Frage gestellt werden: Hat dieses von Banken geschöpfte „Giralgeld“ denn tatsächlich notwendigerweise und immer die Folgen, die sich unter anderem in Island zeigten?

Die Antwort auf diese Frage lautet wohl: Kommt drauf an, was man draus macht.

… wo das Problem wirklich liegt… 

Denn eigentlich wurde das Problem, an dem Island litt und leidet, nicht zuletzt auch durch das Verhalten von Großbanken ausgelöst. Jeder ausgereichte Kredit wirkt sich zwar einfach gesprochen auf die Bewertung des Eigenkapitals aus, aber vor allem wollten die aktionärsorientierten Häuser ihre Eigenkapital-Rendite optimieren. Dazu packten sie eben Kredite, die viel Eigenkapital „kosteten“ und wenig Rendite brachten, in Päckchen und „verkauften“ sie „den Märkten“. Das nannte man dann Verbriefung. Mit dem freigewordenen Spiel im Eigenkapital operierte ihr Investment-Banking dann im Kapitalmarkt – was unterm Strich, wie man weiß, auch nicht so wirklich viel brachte. Aber weil’s so schön war, fing man dann auch damit an, Kredite nicht mehr im Dienste des Kunden zur Ermöglichung des Hauskaufs zu vergeben, sondern einfach nur, um sie direkt weiterzuverkaufen. Dieses wilde Stopfen von Krediten in Pakete (sogenannte Zweckgesellschaften oder Special Purpose Vehicles (SPV) vorzugsweise mit Sitz in sogenannten Steuer-Oasen) führte dann u.a. zur Subprime-Krise. Um solchen Entwicklungen künftig vorzubeugen, wurden danach für alle Banken die Anforderungen an das Eigenkapital hochgesetzt. Das trug tatsächlich dazu bei, dass etwas weniger obskure Geschäfte gemacht wurden. Weil die Großbanken dadurch für jedes Geschäft mehr Eigenkapital vorlegen musste als bisher.

Allerdings hätte es ja vielleicht auch genügt, sich einfach wieder an die einfache Regel zu halten, die für jeden halbwegs vernünftigen und verantwortungsvolles Bänker gelten müsste: Man muss nicht jedes Geschäft machen, nur weil man es kann.

Und das ist wohl der Punkt, über den immer noch sehr wenig – eigentlich zu wenig – gesprochen wird: Denn nicht alle Banken sind für die haltlose Schöpfung von Geld für eigene Zwecke verantwortlich. Das Problem ist in diesem Sinne nicht das reichlich theoretische Konzept des sogenannten Giralgeldes und der Geldschöpfung, sondern tatsächlich der Mangel an Verantwortung, den einige große Player mit massiven Folgen für alle auslebten.

… und was das mit Geschäftsmodellen zu tun hat

Das hat auch etwas mit Geschäftsmodellen zu tun. Zum Beispiel erfüllen regionale Häuser wie Genossenschaftsbank und Sparkassen einen klaren Auftrag: Sie sammeln Spargeld zur Geldanlage in der Region – und vergeben aus diesem Kapital dann Kredite in der Region. Sie arbeiten also nicht einseitig, sondern für das Gemeinwohl in der Region.

Das ist die traditionelle Aufgabe, der Kerngedanke ihrer Arbeit – und die Zielsetzung, mit der sie arbeiten. Wie gut das funktioniert, zeigen beispielhaft die Zahlen aus der Bilanz der genossenschaftlichen Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee eG:

Im Jahr 2014 hatte sie Anlagegelder ihrer Kunden und Mitglieder in Höhe von insgesamt 3.044 Millionen Euro in ihren Büchern. Umgekehrt hatte sie an ihre privaten und gewerblichen Kunden aus der Region insgesamt 2.087 Millionen an Krediten vergeben. Das heißt auf deutsch: Das Geld, das die Kunden anlegen, bleibt tatsächlich zu einem sehr hohen Anteil in Form von Krediten in der Region. Und das ist auch gut so.

Dem Großbänker und seinen „Märkten“ mag das – wie der Nobelpreisträger Krugmann wohl sagen würde – langweilig sein. Aber man kann auch sagen:

Wenn das alle Banken – auch die großen – so machen würden, müsste man sich wohl deutlich weniger Gedanken über die Gefahren des „Vollgeldes“ und die Abschaffung der "Geldschöpfung durch Banken zu machen.

Und das ist eben einer der Gründe, weshalb wir von regionalen Häusern viel halten…

Übrigens: Die regionalen Häuser hatten mit den geänderten Eigenkapitalanforderungen meist keine besonderen Probleme, weil sie ohnehin ein Geschäftsmodell verfolgen, bei dem Kredite nicht für „Spielgeld“, sondern eben vor allem für „Verantwortung“ standen. Und deshalb wurde das Spiel hier selten übertrieben.

 

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